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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783963621871
Sprache: Deutsch
Umfang: 527 S.
Format (T/L/B): 3.5 x 20.5 x 13.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Carnton Plantage, Franklin, 1866: Catriona O´Toole und ihre Schwester Nora haben die grüne Insel hinter sich gelassen, um in Amerika ein neues Leben zu beginnen. Sie wollen zu ihrem Bruder, der bereits vor einigen Jahren ausgewandert ist. Doch auf der Südstaaten-Plantage Carnton verliert sich dessen Spur. Als die Geldscheine, die ihr Bruder ihnen geschickt hatte, sich dann auch noch als Fälschungen herausstellen, überschlagen sich die Ereignisse: Die beiden Schwestern geraten in das Visier von Regierungsagenten und stehen plötzlich völlig mittellos da. Ihnen bleibt keine andere Wahl, als um Aufnahme in Carnton zu bitten. Zu ihrem Glück meint es der neue Aufseher Wade Cunningham gut mit ihnen. Er fühlt sich zu der temperamentvollen irischen Schönheit Catriona hingezogen, doch sie geht auf Abstand. Ihr Instinkt sagt ihr, dass dieser Mann nicht der ist, der er zu sein vorgibt Die Aufbruchszeit nach dem Ende des Bürgerkriegs und das Los ehemaliger Sklaven bilden den historischen Hintergrund dieser facettenreichen Liebesgeschichte.

Autorenportrait

Tamera Alexander ist für ihre historischen Romane schon mehrfach mit dem Christy Award ausgezeichnet worden, dem bedeutendsten christlichen Buchpreis in den USA. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei erwachsenen Kindern in Nashville.

Leseprobe

Kapitel 1 16. März 1866 Franklin, Tennessee 35 km südlich von Nashville Catriona hielt ihre jüngere Schwester am Arm fest, denn sie wusste ganz genau, dass sie ihren Griff nicht lockern durfte, solange sie von solchen verführerischen Anblicken umgeben waren. Ausnahmsweise könnte sie nun Nora fast alles kaufen, was sich ein siebenjähriges Mädchen in einem Gemischtwarenladen wünschte. Aber sie war den größten Teil ihres Lebens gezwungen gewesen, sehr sparsam zu sein und auf vieles zu verzichten. Selten hatte sie den Luxus eines vollen Bauchs, geschweige denn einer vollen Speisekammer gekannt. Deshalb konnte sie nicht einmal das dicke Bündel Geldscheine, das Ryan der Familie nach Irland geschickt hatte, verleiten, ihr genügsames Naturell aufzugeben und sich etwas Extravagantes zu leisten. Solange ihre Zukunft so ungewiss war, war das unmöglich. »Lass meinen Mantel los, Cattie!« Nora zerrte kräftig und schaute sie mit einem finsteren Stirnrunzeln an. »Ich möchte sie mir nur genauer ansehen.« »Genauer ansehen, sagst du!« Catriona bemühte sich, leise zu sprechen, um in dem Gemischtwarenladen, in dem noch mehrere andere Kunden waren, kein Aufsehen zu erregen. Der Mann hinter der Verkaufstheke verfolgte sowieso schon jede ihrer Bewegungen. Es war wohl der Ladenbesitzer, jedenfalls schloss sie das aus seinem offensichtlichen Misstrauen und der Autorität, die er ausstrahlte. Vermutlich hatten die Ladenbesitzer in der Kleinstadt Franklin eine genauso schlechte Meinung von Iren wie ihre Kollegen in Nashville. Sie hatten auch die gleichen Schilder an der Eingangstür hängen: »Irische Arbeitskräfte unerwünscht«. Aber das andere Schild an der Tür störte sie noch mehr: »Zutritt für Freigelassene verboten«. Das Wort Freigelassene war durchgestrichen worden und ein anderes Wort, ein Schimpfwort, dem sie immer wieder begegnete, seit sie in New York City an Land gegangen waren, war ins Holz geritzt. Das war also die herzliche Begrüßung in Amerika und in Franklin, Tennessee! Sie zog ihre Schwester enger an sich heran, da sie merkte, dass andere Kunden bereits in ihre Richtung blickten. »Kind, ich weiß genau, was es heißt, wenn du dir etwas genauer ansiehst.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Du willst dir diese Puppe nicht genauer ansehen. Genauso wenig wie ich noch einmal drei Tage umgeben von Ruß und Asche Zug fahren will.« Noras einzige Reaktion war ein erneutes kräftiges Zerren in Richtung der Porzellanpuppe, die in einem viel zu niedrigen Regalfach an einer Vase lehnte. Das entschlossene Mädchen hatte überraschend viel Kraft. Noras hitziges Temperament entsprach ihrem feuerroten Haar. Aber Catriona ließ nicht locker. Sie hatte zwar nicht die leuchtend roten irischen Locken ihrer Schwester - ihr kastanienbraunes Haar war um einiges dunkler -, aber ihr Temperament stand Noras in nichts nach. »Nora Emmaline OToole, sei nicht so starrköpfig!«, zischte sie zähneknirschend. »Benimm dich jetzt! Sonst kannst du dich auf etwas gefasst machen, wenn wir wieder draußen sind. Hast du mich verstanden?« Nora schaute finster zu ihr hinauf. Ihr schlankes Kinn war energisch vorgeschoben. Nicht zum ersten Mal fühlte sich Catriona eher wie eine Mutter als wie eine ältere Schwester. Bei ihrem Altersunterschied von 17 Jahren war das aber auch kein Wunder. Dieses Gefühl jagte ihr große Angst ein. Denn sie war keine Mutter. Eine Schwester? Mit dieser Rolle war sie bestens vertraut. Aber sie hatte den starken Verdacht, dass Nora viel mehr brauchte, als sie ihr geben konnte. Das Mädchen hatte auch viel mehr verdient. Aber eines wusste Catriona ganz genau: Die Erfahrung hatte sie gelehrt, ihre Schwester nicht loszulassen, da der quirlige Wildfang sonst anfangen würde, das zu tun, was er wollte, und nicht das, was man ihm sagte. Das hatte sie auf der Überfahrt aus Irland zur Genüge erlebt. Bei der Erinnerung, was beinahe passiert wäre, lief Catriona ein Schauer über den Rücken. Sie hatte Nora in jener Nacht fest an sich gedrückt und war so dankbar gewesen, dass ihrer kleinen Schwester auf dem dunklen Schiffsgang nichts Schlimmeres passiert war. Sie war so froh gewesen, dass Ryan darauf bestanden hatte, sie den Umgang mit dem Dolch zu lehren, den er ihr gegeben hatte, bevor er mit seinen drei besten Freunden nach Amerika aufgebrochen war. Aber so erleichtert sie auch gewesen war, als sie unversehrt in ihre Kabine zurückkehren konnten, hätte sie Nora trotzdem am liebsten geschüttelt, weil sie ihr eine solche Angst eingejagt hatte. Allein die Erinnerung an diesen Vorfall entfachte ihren Zorn und ihr Magen zog sich zusammen. Catriona marschierte entschlossen in Richtung der getrockneten Lebensmittel weiter und zog ihre Schwester halb hinter sich her. Aufgrund der vielen Kunden im Gemischtwarenladen kam sie nur langsam voran. Sie würde die wenigen Lebensmittel, die sie brauchten, kaufen und den überfüllten Laden so schnell wie möglich verlassen, bevor Nora etwas anstellen konnte. Aber sie war nicht sonderlich erpicht darauf, sich ihrer nächsten Aufgabe hier in Franklin zu stellen. Seit sie vor über einem Monat auf dieses Schiff gegangen waren, wuchs ihr Grauen davor jeden Tag mehr. Falls es irgendeine Möglichkeit gäbe, den Besuch bei Oberst John McGavock zu vermeiden, würde sie das liebend gern tun. Aber in Ryans letztem Brief hatte ihr Zwillingsbruder, für den die Familienehre sehr wichtig war, geschrieben, dass er den Mann zur Rede stellen wollte, dessen Großvater die OTooles vor vielen Jahren um das Land ihrer Familie betrogen hatte. Warum er sich gezwungen fühlte, nach so vielen Jahren diese Rechnung zu begleichen, wusste sie nicht. Doch falls es Ryan gelungen sein sollte, bis zu John McGavock vorzudringen, könnte ihr dieser Mann vielleicht sagen, wo sich ihr Bruder jetzt aufhielt. Diese Informationen brauchte sie dringend. Denn Ryans letzter Brief, der am 29. November 1864 abgestempelt war, war schon über ein Jahr alt und sie hatten seitdem nichts mehr von ihm gehört. Dieser letzte Brief war über fünf Monate unterwegs gewesen, bis er seinen Weg nach Irland gefunden hatte, wo er nur wenige Wochen vor dem Päckchen mit den Geldscheinen eingetroffen war. Dieses Geld sollte genügen, um die Familie nach Amerika zu bringen und hier neu anzufangen, hatte Ryan auf einen Zettel geschrieben, den er zwischen die Geldscheine geschoben hatte. Versteck das Geld vor Vater. Lass nicht zu, dass er davon Schnaps kauft. Kommt, so bald Ihr könnt. Dann kann sich mein Herz wieder vollständig fühlen. Dein dich immer liebender Bruder. Catriona konnte es nicht erwarten, ihn zu sehen, ihren kleinen Bruder, der fünf Minuten nach ihr auf die Welt gekommen war. Er war einen Kopf größer als sie und hatte Schultern so breit wie ein Türrahmen. Sie war so bald wie möglich nach Amerika gekommen. Aber wie sollte sie die Worte finden, um ihm die grausame Wende zu erklären, die ihr Leben in den letzten Monaten genommen hatte? Vater war der Ruhr als Erster zum Opfer gefallen. Das hatte sie Ryan irgendwann im letzten Sommer mit mehr Erleichterung als irgendwelchen anderen Gefühlen geschrieben. Aber die Ereignisse, die danach gefolgt waren, waren zu schmerzhaft, um sie ihm in einem Brief mitzuteilen. Einen Monat nach Vaters Tod, als sie alles für die Überfahrt nach Amerika vorbereitet hatten, hatten sich Mama, Bridget und Alma mit der gleichen verheerenden Krankheit angesteckt. Bridget und Alma waren sehr schnell aus diesem Leben geschieden. Nach nur 18 Tagen. Aber Mama Mama war trotz Catrionas Pflege und trotz ihrer Gebete wochenlang dahingesiecht. Bridget und Alma, die erst zwölf und zehn gewesen waren, waren am selben Tag gestorben. Sie waren sich im Tod genauso nahe gewesen wie in ihrem Leben. Aus diesem Grund hatte sie beschlossen, sie gemeinsam zu beerdigen. Die Hälfte ihres Herzens war mit ihnen in die Erde gelegt worden. Die andere Hälfte war zusammen mit Mama beerdigt worden. In den Tagen danach hatte sie, von der Pflege und Trauer geschwächt und erschöpft, selbst krank im Bett gelegen. Nora, die Jüng...