Beschreibung
Dr. med. Paul Bosse (1881-1947) war von 1920 bis 1935 ärztlicher Leiter des Wittenberger Krankenhauses Paul-Gerhardt-Stift. In dieser Funktion erwarb er sich höchste Anerkennung. Nach 1933 geriet seine Familie in den Strudel der nationalsozialistischen Judenverfolgung, denn Dr. Bosses Frau Käte war jüdischer Herkunft. Die nationalsozialistische Stadtführung betrieb deshalb aktiv seine Ablösung, und die kirchliche Leitung des Krankenhauses setzte dem nichts entgegen. Im Oktober 1935 eröffnete Paul Bosse eine private Entbindungsklinik, um deren Bestand er bis zu seinem Tod im März 1947 kämpfte. Angehörige gingen ins Exil oder wurden verhaftet und kamen in Konzentrationslager. Die Schwägerin beging Selbstmord, Käte Bosse wurde 1944 im KZ Ravensbrück umgebracht. Grabbes Familienporträt zeigt auf erschütternde Weise, wie im NS-Staat missliebige Personen ausgegrenzt und verfolgt wurden. Dank der reichen Überlieferung wird das Schicksal der Familie Bosse zu einem exemplarischen Kapitel deutscher Zeitgeschichte, zumal sich für einige der nach Wittenberg zurückgekehrten Familienmitglieder Repressalien der SED unmittelbar an die Verfolgung durch die Nationalsozialisten anschlossen.
Autorenportrait
Prof. Dr. Hans-Jürgen Grabbe, geb. 1947, ist emeritierter Universitätsprofessor für Angloamerikanische Kulturwissenschaft. Er studierte Geschichte und Anglistik in Hamburg und habilitierte sich dort 1990. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die transatlantische Migration und die Geschichte der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Nach beruflichen Stationen in Hamburg, Kassel, Halle und Oldenburg lehrte er ab 1994 erneut an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und gründete 1995 das Zentrum für USA-Studien an der Stiftung Leucorea in Wittenberg. Prof. Grabbe ist Herausgeber der Zeitschrift 'American Studies Journal' und der Schriftenreihe 'European Views of the United States'. Er war Präsident der Deutschen Gesellschaft für Amerikastudien (Ehrenmitglied seit 2013) und der European Association for American Studies. Sein Engagement für die Förderung der Wissenschaftsbeziehungen auf nationaler und europäischer Ebene sowie der deutsch-amerikanischen Beziehungen wurde 2008 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande gewürdigt. Hans-Jürgen Grabbe lebt seit mehr als zwanzig Jahren in Wittenberg.