Beschreibung
"Meine Hand näherte sich dem Wasserhahn, spüre es nicht, sehe aber, daß meine Hand den Hahn aufdreht und das Wasser kommt. Hore es nicht, obwohl ich weiß, daß ich das Plätschern hören müßte, sehe es aber. Und wenn ich hier im Badezimmer am Waschbecken stehe, dann ist da der Spiegel, und im Spiegel kann ich nachschauen, mich betrachten. Gesicht im Spiegel. Bleich, zerzaust. Dunkle Gräben, Falten. Ohne jeden Zweifel mein Gesicht, dermaßen bekannt: und doch ist da etwas Unsicheres, als sei es gar nicht mein Gesicht, denn ich suche vergeblich, sehe die Augen nicht, nur die Falten und Furchen, die Gesichtsformen verbiegen sich, finde aber die sich selbst suchenden Augen nicht."
Autorenportrait
Péter Nádas, 1942 in Budapest geboren, ist Fotograf und Schriftsteller. Bis 1977 verhinderte die ungarische Zensur das Erscheinen seines ersten Romans 'Ende eines Familienromans' (dt. 1979). Sein 'Buch der Erinnerung' (dt. 1991) erhielt zahlreiche internationale Literaturpreise. Zuletzt erschienen der große Roman 'Parallelgeschichten' und seine Memoiren eines Erzählers: 'Aufleuchtende Details'. Unter anderem wurde Nádas mit dem Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur (1991), dem Kossuth-Preis (1992), dem Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung (1995) und dem Franz-Kafka-Literaturpreis (2003) ausgezeichnet. 2014 wurde ihm der Würth-Preis für Europäische Literatur verliehen. Péter Nádas lebt in Gombosszeg.