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Karl der Große

Die Korrektur eines Mythos

Erschienen am 04.04.2016, 1. Auflage 2016
19,95 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783828836617
Sprache: Deutsch
Umfang: 312 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 21.5 x 15.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Einleitung 1. Der Rahmen: Das antike und mittelalterliche Sozialmilieu Antike: Das Mäzenatenparadies Jahrtausendwende. Das katholische Christentum wird Staatskirche Das verschwiegene Religionschaos im 4. Jahrhundert Bischöfe - die neue Führungsschicht Zusammenfassung 2. Karl im Konjunktiv Mundus vult decipi - Die Welt will betrogen werden Bildung, Wissenschaft und Gelehrte in der Karl-Literatur Zusammenfassung: Kritik als Ausweis der Wissenschaftlichkeit 3. Karl. Sein Hof und sein Wirken Gelehrte Männer Die 'Hofakademie' Gipfel der Gelehrsamkeit: Karl und Aristoteles 4. Das Schulwesen Karl, Mäzen des klösterlichen Schulsystems Vom Wesen der fränkischen Klosterschulen Zusammenfassung: Klosterschulen sind keine Volkshochschulen 5. Karl und die Bibliotheken Die Klosterbibliotheken Kataloge und Verzeichnisse mittelalterlicher Klosterbibliotheken Karls Hofbibliothek Karolingische Buchkunst Die Klosterbibliotheken im Schatten antiker und arabischer Sammlungen 6. Karolingische Architektur 7. Karl und die Ökonomie Grundlage: Das Capitulare de villis Die fränkische Wirtschaftsverfassung Karls feudales Gesellschaftsmodell Die feudale Ordnung. Zusammenfassung Der große Gewinner: Die Kirche Fazit: Ein Hühner zählender Herrscher mit einer Residenz in der Provinz 8. Ein Analphabet reformiert Sprache und Schrift Latein - Kirchensprache, Herrschaftssprache, Ausschlusssprache Karl und die Reform der Schrift 9. Karls Walten, ein Entwurf für Europa? Karl und die Errichtung eines christlichen Staates Karls Handwerk ist der Krieg Wie in aller Welt kann man Karl zum 'Vater Europas' machen? 10. Das lateinsprachige Mittelalter wartet auf die 'Wiedergeburt' Epilog. Die Versuchung gefälliger Geschichtsschreibung Anlagen Zwischenruf. Der Karlspreis Anmerkungen Bibliografie Personen- und Sachregister

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Autorenportrait

Rolf Bergmeier (Jg. 1940) ist studierter Philosoph und Althistoriker. Forschung und publizistische Tätigkeit zur spätantiken, christlichen und arabischen Kultur im frühen Mittelalter. Monografien zur antiken Kultur, zur Entwicklung des Christentums in der Spätantike und zu den Ursachen des weitgehenden Untergangs der antiken Kultur. Bergmeier engagiert sich im Beirat der Giordano-Bruno-Stiftung.

Leseprobe

Einleitung Sakrosankten Texten ist niemals zu trauen. Aber wer am Heiligen rüttelt, hat es schwer. Eines dieser Heiligtümer ist die Lichtgestalt Karl der Große, 'Vater Europas', ein Allerheiligstes. Eine kaum überschaubare Schar von Nachkriegshistorikern und Publizisten des späten 20. und des frühen 21. Jahrhunderts sieht ihn über alle Zeit- und Geografieräume hinweg als einsame Größe glänzen, als jemanden, der dunkle Jahrhunderte in eine Periode kultureller Hochblüte verwandelt habe. Ein homo universale sei er gewesen, bildungsbewusst, unerbittlich als Heerführer, ein weitblickender Staatsmann, ein Landwirt, der die Eier zählt und die Pflanzung der Obstbäume überwacht, leidenschaftlicher Jäger und Frauenheld, Analphabet und Wächter über gutes Schreiben, Erfinder der deutschen Grammatik, Liebhaber von Heldenliedern und der bildenden Kunst, erlesener Geist und Hort der Gelehrsamkeit, Sänger und unermüdlicher Gesetzgeber, Haupt eines Wanderzirkus und gestrenger Richter über die Rechtgläubigkeit seiner Untertanen, Sachsenschlächter und imperator christianissimus. Kurzum, Karl habe 'das angeblich so finstere Mittelalter hell' gemacht, meint der Bayerische Rundfunk, 'sogar sehr hell'. Karl der Große! Was für ein Kerl! Noch heute fallen die Honoratioren in Aachen vor dem 'Leuchtturm Europas' und der 'Zierde des Erdkreises' auf die Knie. Karl hat fünf Ehefrauen, ein Dutzend Mätressen und droht Frauen die Peitsche an, wenn sie nicht das Vaterunser beherrschen. Er kann nicht schreiben, lesen wohl auch nicht, ist des Lateinischen nur mäßig mächtig und soll dennoch der mittelalterliche Bildungspapst par excellence gewesen sein. Er führt vier Jahrzehnte Krieg mit seinen Nachbarn, provoziert die muslimischen 'Sarazenen' im Süden Europas, rüstet mit mythischer Wucht gegen die Awaren im Osten, weil diese eine unerträgliche Bosheit 'gegenüber der heiligen Kirche und dem populus christianus gezeigt' hätten, und wird dennoch wegen 'seiner Friedensordnung nach innen' gelobt. Karl marschiert in Sachsen und Bayern ein, vereint sie mit den Franken unter christlicher Fahne, spart dabei nicht mit Deportationen und Zwangstaufen, was der Historiker HEINRICH HOFFMANN als ein 'geschicktes' Unterfangen beschreibt, um Staat und Kirche 'zu verschmelzen'. Am Ende sind sich Historiker und Geschichtsfreunde weitgehend einig: Karl ist ein 'Großer'. Der renommierte Mittelalterforscher FRANCOIS L. GANSHOFER meint in Karl den 'ersten Baumeister Europas' erkennen zu können, während LEOPOLD VON RANKE Karl zum 'Vollstrecker der Weltgeschichte' hochwuchtet und JOSEF FLECKENSTEIN, in Fragen globaler Bedeutung nicht besonders pingelig, den Kaiser zum 'Verwandler der Welt' (1990) befördert. Der Bonner Mediävist MATTHIAS BECKER lässt Karls Reich zur 'Keimzelle des modernen Europas' (1999) aufwachsen, sein Tübinger Kollege STEFFEN PATZOLD assistiert, Karl sei 'ein epochaler Erneuerer von Wissen und Gelehrsamkeit' gewesen (2014), und LUCAS WIEGELMANN beschäftigt sich mit Karls 'Riesen-Bildungshunger' (2014). So geht das Buch um Buch, Seite um Seite, und nach dem Studium von gefühlt vierzig Karl-Biografien und rund dreißig Seiten Internet-Anmerkungen zu Karl, von Kardinal Lehmann bis zum Deutschlandfunk, gewinnt man den Eindruck, dass Kontroversen in Wahrheit keine sind, die Bedeutung Karls und seine Verdienste trotz Hinweisen auf die Schattenseiten seines Lebens nicht infrage gestellt werden und er zu Recht im Jahr 2013 mit zwei weiteren Karl-Biografien gewürdigt wird. Dort wird uns auf mehr als tausend Seiten Karl, sein Leben und sein Wirken als gottesfürchtiger Mann nähergebracht. Die Autoren sind Mediävisten, Leute vom Fach, und sie schlagen eine scharfe Klinge für Karl und seine Zeit. 'Ein einzigartiger Wissenstransfer von der Antike ins frühe Mittelalter und der Aufbau von Wissensspeichern in Form von Bibliotheken' kennzeichne die Epoche Karls, schreibt STEFAN WEINFURTHER, eine 'bis dahin nicht da gewesene Bildungsoffensive' habe 'weite Teile des christlichen Euro