Beschreibung
'Ein schönes Gesicht ist vielleicht der einzige Ort, wo wahrhaft Stille ist. Während der Charakter durch ungesagte Worte und unverwirklicht gebliebene Absichten in das Gesicht Spuren eingräbt, während ein Tier immer so blickt, als wolle ihm eben ein Wort entfahren, öffnet die menschliche Schönheit das Antlitz dem Schweigen. Aber das Schweigen, das hier statthat, ist nicht nur Aussetzung der Rede, sondern Schweigen des Wortes selbst, Sichtbarwerden des Wortes: Idee der Sprache. Darum ist das Schweigen des Gesichts wahrhaft die Heimat des Menschen.' An Walter Benjamins Denkbilder erinnern die in diesem Band versammelten kurzen, bei aller reflexiven Dichte 'erzählerischen' Prosastücke des italienischen Philosophen Giorgio Agamben (Homo sacer, deutsch 2002): dreißig Betrachtungen - 'Idee der Musik', 'Idee des Friedens', 'Idee des Rätsels' -, in denen es um das Aufspüren einer Grenze geht. Denn Wahrheit, schreibt Agamben in 'Idee des Rätsels', wird angemessen nur dort erfaßt, wo 'die Vorstellung einen Augenblick vor der Wahrheit einhält. Darum ist nur die Vorstellung wahr, die zugleich den Abstand vorstellt - aber was heißt einen Abstand vorstellen? -, der sie von der Wahrheit trennt.'
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Autorenportrait
Giorgio Agamben wurde 1942 in Rom geboren. Er studierte Jura, nebenbei auch Literatur und Philosophie. Der entscheidende Impuls für die Philosophie kam allerdings erst nach Abschluß des Jura-Studiums über zwei Seminare mit Martin Heidegger im Sommer 1966 und 1968. Neben Heidegger waren seitdem Michel Foucault, Hannah Arendt und Walter Benjamin wichtige Bezugspersonen in Agambens Denken. Als Herausgeber der italienischen Ausgabe der Schriften Walter Benjamins fand Agamben eine Reihe von dessen verloren geglaubten Manuskripten wieder auf. Seit Ende der achtziger Jahre beschäftigt sich Agamben vor allem mit politischer Philosophie. Er lehrt zur Zeit Ästhetik und Philosophie an den Universitäten Venedig und Marcerata und hatte Gastprofessuren u.a. in Paris, Berkeley, Los Angeles, Irvine.