Rilke und die Schweiz - das war keine Liebe auf den ersten Blick. Im Gegenteil, die Alpenrepublik empfand der Dichter als ein 'Vorzimmer der Freiheit, in dem man wartete, bis man gerufen wird', und ihre Bewohner bezeichnete er als 'merkwürdige Leute, dicht, hart, undurchdringlich'. Und doch nahm er hier auf Dauer Quartier und lebte sieben Jahre in diesem Refugium bis zu seinem Tod. Wichtiger noch: Hier vollendete er endlich die zehn Jahre zuvor begonnenen Duineser Elegien und schrieb in einem unerhörten Schaffensrausch im Februar 1922 die Sonette an Orpheus, welche beide zu den Höhepunkten seines Werkes zählen.
Wie es Rilke gelang, sich der Schweiz doch noch etappenweise anzunähern und dort seine allzu lang verschütteten schöpferischen Energien wiederzuerwecken - das zeichnet der renommierte Rilke-Kenner Gunnar Decker in seinem aufschlussreichen und vergnüglichen biografischen Essay mit großem Einfühlungsvermögen nach.
Gunnar Decker, geb. 1965 in Kühlungsborn, lebt als Autor in Berlin. Der promovierte Philosoph veröffentlichte vielfach gelobte Biografien, u.a. zu Hermann Hesse, Gottfried Benn, Franz Fühmann und Ernst Barlach. 2016 wurde er mit dem von der Berliner Akademie der Künste verliehenen Heinrich-Mann-Preis ausgezeichnet. Zuletzt erschien Rilke. Der ferne Magier (2023).