Beschreibung
Als Deutschland in Trümmern lag Schwarzmarkt, Besatzung, Trümmerfrauen. Betrachtet man die Jahre unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs, so vermitteln sie Chaos und Elend, und gleichzeitig hat man den Eindruck: So offen waren Deutschlands Gegenwart und Zukunft nie. "Damals nach dem Krieg" nimmt diese ersten Jahre vor der Gründung der Bundesrepublik und der DDR in den Blick. Hätte sie auf ihrem Heimweg von einer Vorstellung im Deutschen Theater nicht die Ruine des Reichstags entdeckt, so eine Berlinerin im Sommer 1946, sie hätte sich in den Trümmern ihrer Heimatstadt, wo weder Straßen noch Gebäude erkennbar waren, hoffnungslos verirrt. Die Trümmerlandschaft ist das zentrale Merkmal dieser schwer fassbaren Zeit kurz nach Kriegsende. Sven Reichardt und Malte Zierenberg eröffnen dem Leser einen eindrucksvollen und lebendigen Blick auf die Alltagsgeschichte der Nachkriegszeit und lassen zahlreiche Zeitzeugen zu Wort kommen. Wie gestalteten sich die ersten Begegnungen zwischen der deutschen Bevölkerung und den Soldaten der alliierten Armeen? Wie sah der Alltag aus? Und wie ging man mit den »Schatten der Vergangenheit«, der deutschen Schuld, um? Die Menschen waren hin und her gerissen zwischen der »Bewältigung« des Vergangenen, einem alltäglichen »Weitermachen« und der Furcht, aber vielleicht auch der Hoffnung, die mit einer ungewissen Zukunft verbunden waren.
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Leseprobe
Vorwort Dieses Buch trägt den Titel Damals nach dem Krieg. Es schildert das Leben der Deutschen in einer Zeit, die man auch als Zwischenzeit bezeichnen könnte. Denn nach dem Krieg bedeutet auch vor der Geschichte von Bundesrepublik und DDR. Die Jahre zwischen Kriegsende und dem Gründungsjahr 1949 sind in diesem Sinne oft als Übergangsphase, als ein chaotisches Dazwischen beschrieben worden. Irgendwie »weitermachen« und »durchwursteln« - diese Alltagsvokabeln gelten als Kennzeichen einer Zwischenzeit, in welcher der Krieg und seine Folgen immer noch, die Zukunft und ein Neuanfang hingegen nur schemenhaft sichtbar sind. Sieht man genauer hin, dann lösen sich die scheinbar klaren Zäsuren auf, bleibt der Krieg auch über das Jahr 1949 hinaus das bestimmende historische Ereignis der jüngsten deutschen Geschichte. Sehr bald nach dem Ende des Krieges werden aber auch die ersten Entwicklungslinien der beiden deutschen Nachkriegsgesellschaften erkennbar. Das vorliegende Buch nimmt diesen doppelten Charakter der Zeit »damals nach dem Krieg« ernst. Indem es sowohl die wichtigen Stationen der deutschen Nachkriegsgeschichte darstellt als auch den vielen »kleinen« Geschichten der Jahre nach 1945 nachspürt, verknüpft es Alltags-, Politik- und Wirtschaftsgeschichte miteinander. Autoren und vor allem die von Überblicksdarstellungen leben auch von den Büchern anderer Autoren. Glücklicherweise konnten wir auf eine breite Literatur zurückgreifen. Das Verzeichnis am Ende des Buches kann dabei nur einige Hinweise auf die aus unserer Sicht wichtigsten Publikationen geben. New York und Berlin im November 2007 Sven Reichardt und Malte Zierenberg Als der Krieg zu Ende war - Erste Begegnungen und Neuanfänge Erst mussten die Waffen schweigen und die zum Teil bis zur letzten Patrone verbissenen Widerstand leistenden deutschen Soldaten entwaffnet werden. Erst dann waren erste Begegnungen zwischen den Siegern und den Verlierern des Zweiten Weltkriegs möglich, die Schritte auf dem Weg in einen immer noch prekären Frieden bedeuteten. Denn nur ohne eine Waffe in der Hand konnten sich Deutsche mit den alliierten Soldaten treffen, um sich mit Gesten und Zeichen zu verständigen, Sachen miteinander zu tauschen oder Geschenke entgegenzunehmen. Ein Bild von der Entwaffnung deutscher Wehrmachtsoldaten durch britische Truppen, wie sie die Abbildung zeigt, sagt vielerlei aus. Es steht für die Erfahrung der Niederlage der Deutschen, für das Gefühl, nicht in erster Linie von einem diktatorischen Regime befreit, sondern von den Alliierten besiegt worden zu sein. Für die meisten Deutschen war das Kriegsende eine niederschmetternde Erfahrung. Viel zu ergeben waren sie der nationalsozialistischen Führung in einen Krieg gefolgt, der Abermillionen Menschen das Leben kostete und durch nichts zu rechtfertigen war. Befreiung? Für manche ja, aber die Mehrheit der deutschen Bevölkerung hatte entweder selber mitgespielt im braunen Morddrama oder aber zumindest »hingeschaut und weggesehen«, wie der Historiker Robert Gellately dieses Verhalten der Deutschen gegenüber den Verbrechen des Regimes benannt hat. Die Leere im Gesicht des Soldaten, die in der Abbildung zu erkennen ist, steht für die zwischen Erschöpfung, Resignation, Enttäuschung und möglicherweise auch Schuldbewusstsein schwankenden Empfindungen vieler Deutscher damals, als der Krieg zu Ende war. Das Leben, das nun begann, war geprägt von Ungewissheit. Ungewissheit darüber, wie es jetzt weitergehen sollte. Wer wusste schon, was die nächsten vierundzwanzig Stunden bringen würden in einem Alltag, in dem alles immer wieder infrage gestellt wurde: die Ernährung, das Dach über dem Kopf - kurz: das Überleben. Doch andererseits kam dieser Fixierung auf einen schmalen Zukunftshorizont schon sehr bald auch eine entlastende Funktion zu. Denn wer sich immer nur mit dem Morgen beschäftigen konnte, der musste sich anscheinend nicht so sehr um das Gestern kümmern. Zum Symbol der Zeit wurden jetzt jene »Trümmerfr