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Weltwandel

Neuausrichtung der internationalen Beziehungen - Eine Festschrift zum Abschied von Prof. Dr. Reinhard Meier-Walser

Erschienen am 28.05.2021, 1. Auflage 2021
22,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783957682291
Sprache: Deutsch
Umfang: 256 S., 11 farbige Illustr., 14 Illustr.
Format (T/L/B): 1.5 x 21.5 x 14.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Wir erleben gravierende geopolitische Entwicklungen mit zunehmender Großmachtrivalität und Systemkonkurrenz. Die bisherige liberale Weltordnung droht zu erodieren, das ­sicherheitspolitische Umfeld ist instabil geworden. Hinzu kommen Herausforderungen durch neue Technologien, Klimawandel, Migrationsströme und Pandemien. Namhafte Experten greifen dieses Lagebild auf und liefern ihre Einschätzung mit Blick auf eine ­Neuausrichtung internationaler Beziehungen. Die Festschrift wird zum Abschied von Prof. Dr. Reinhard Meier-Walser herausgegeben, dem langjährigen Leiter der ­Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidel-­Stiftung (1995-2021). Ihn zeichnet nicht nur das voraus­schauende ­Gespür für die Relevanz von Themenstellungen aus, sondern auch der multiperspektivische Ansatz.

Autorenportrait

Markus Ferber, MdEP Koordinator des Ausschusses für Wirtschaft und Währung der EVP-Fraktion, Bezirksvorsitzender der CSU Schwaben und Landesvorsitzender der Europa Union Bayern, seit 1. Januar 2020 Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung

Leseprobe

Markus Ferber Einführung Internationale Machtverschiebungen und Aufstieg neuer Akteure, technologischer Fortschritt sowie neue gesellschaftliche Phänomene und die (Gegen-)Reaktion darauf - das sind Faktoren, die den kontinuierlichen Wandel der Weltpolitik stetig vorantreiben. Auch wenn die Diskussionen um den Anbruch einer neuen Weltordnung in den letzten Jahren an Lautstärke gewonnen haben, so sind diese Veränderungsprozesse im internationalen System historisch betrachtet nicht neu: Athen gegen Sparta, der Auf- und Abstieg Roms, die jahrhundertelange Auseinandersetzung um die Vorherrschaft auf dem europäischen Kontinent, die in zwei zerstörerischen Weltkriegen mündete und den relativen Machtverlust Europas einläutete, der Aufstieg der USA zur globalen Supermacht, die sich erfolgreich gegen die Konkurrenz aus der Sowjetunion durchsetzte und dadurch die nächsten drei Jahrzehnte ihre globale Vormachtstellung zementierte - eine lange Liste an historischen Beispielen, die belegt, dass sich die Welt seit Angedenken im Wandel befindet. Die gegenwärtige Debatte um den im wissenschaftlichen Diskurs omni­präsenten Weltwandel bezieht sich auf die befürchtete und vielerorts bereits sichtbare Erosion der liberalen Weltordnung, also des globalen Ordnungsmodells, das vor allem durch die USA nach Ende des Zweiten Weltkriegs etabliert und im 'Westen' verankert wurde. Es basiert auf der Vorstellung eines regelbasierten Miteinanders souveräner Staaten, die sich liberalen demokratischen Normen verpflichten und die im Rahmen von multilateralen Organisationen zur Friedenssicherung (UNO), zur Förderung des Freihandels (WTO) und in sicherheitspolitischen Fragen zusammenarbeiten. Die Aufrechterhaltung dieser Ordnung wäre ohne das wirtschaftliche und militärische Investment der USA nicht möglich gewesen, doch unterscheidet sie sich vom Vorangehenden durch ihren freiwilligen Charakter ('empire by invitation'). Während sich dieses Modell anfänglich auf den Westen beschränkte, erhoffte man sich nach Ende der Blockkonfrontation eine globale Strahlkraft. So verwies US-Präsident George H. W. Bush 1990 hoffnungsvoll auf eine 'New World Order', in der Staaten nach Jahrzehnten der Blockkonfrontation friedvoll und frei von Bedrohungen nebeneinander existieren und gemeinsam freiheitliche Ideale verteidigen könnten. Nach zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen, grausamen Bespielen von ethnischen Säuberungen und Völkermord, den Terroranschlägen vom 11.September 2001 und deren bis heute spürbaren Folgen sowie nicht zuletzt der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 wissen wir, dass diese Vision von George H.W. Bush leider einen weiterhin unerreichten Idealzustand internationaler Politik darstellt. Stattdessen blicken wir in eine neue Ära des internationalen Großmachtkonflikts, der in erster Linie zwischen dem bisherigen Hegemon USA, einem revisionistisch auftretenden Russland und dem immer mächtiger werdenden Systemrivalen China ausgetragen wird. Europa läuft aufgrund seiner teils widersprüchlichen sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Interessen Gefahr, in dieser konfliktreichen Konstellation zerrieben zu werden, wenn es nicht seine internen Konflikte überwinden und eine verantwortungsvolle, aber vor allem realistische geopolitische Rolle einnehmen kann. Wie in den vorangegangenen Wandlungsprozessen gehen die Veränderungen in der internationalen Politik mit einem hohen Grad an ­Unsicherheit einher - auf internationaler, staatlicher, gesellschaftlicher und individueller Ebene. Dieses Gefühl der Unsicherheit, das oftmals in einer greifbaren Angst vor einer ungewissen Zukunft mündet, wird heute im Zuge der weit vorangeschrittenen Globalisierung und der tiefreichenden Digitalisierung weltweit geteilt und verstärkt. In den letzten Jahren wurden wir Zeuge von zahlreichen internationalen Protestbewegungen, die populistische Kräfte vielerorts gekonnt für sich zu nutzen wussten. Alte gesellschaftliche Konfliktlinien (z.B. Kapital - Arbeit) wichen neuen Spannungsfeldern, die Globalisierungsgewinner und -verlierer, Multi­lateralisten und Unilateralisten sowie Globalisten und Nationalisten gegeneinander positionierten. Die politischen Entscheidungsträger und Eliten ringen bis heute damit, diese neuen Konfliktfelder erfolgreich zu befrieden. In dieser Zeit des Weltwandels und der Unsicherheit kommt der Arbeit der Hanns-Seidel-Stiftung und vor allem der Akademie für Politik und Zeitgeschehen besondere Bedeutung bei. Eingedenk ihres Auftrags, politische und gesellschaftliche Herausforderungen zu identifizieren und basierend auf wissenschaftlicher Analyse praktikable Lösungsstrategien zu entwickeln und somit den öffentlichen Diskurs mitzugestalten, hat sich die Akademie in den letzten Jahren eingehend mit den Herausforderungen durch den sich abzeichnenden Weltwandel befasst. In zahlreichen Expertendiskussionen und Papieren hat sie sich interdisziplinär und multiperspektivisch mit den unterschiedlichen Facetten und Ausprägungen dieser Veränderungsprozesse auseinandergesetzt, wissenschaftliche Erklärungsarbeit geleistet und somit dazu beigetragen, die immanente ­Unsicherheit mit Strategien zur erfolgreichen Mitgestaltung des Wandels zu ersetzen. Auch der vorliegende Sammelband greift diese Fragestellungen auf. Im ersten Abschnitt blicken die Autoren auf die Auswirkungen des Weltwandels in den unterschiedlichen Weltregionen und auf relevante nationalstaatliche Akteure. Im zweiten Teil befassen sich die Experten mit der Frage, wie die neue, in Teilen sich bereits manifestierende Weltordnung in unterschiedlichen Politikbereichen sichtbar wird. Der ­darauffolgende Abschnitt rückt transnationale Herausforderungen in den Fokus, die durch die globalen Veränderungsprozesse wesentlich an Bedeutung gewonnen haben. Abschließend geht die Publikation auf die schwierige, aber essenzielle Fragestellung ein, inwiefern ein Weltwandel mit einem Wertewandel einhergeht und welche Konsequenzen das hat. Nicht zuletzt ist dieser Sammelband Ausdruck eines stiftungsinternen Wandels. Nach mehr als 25 Jahren erfolgreicher Arbeit in der Akademie für Politik und Zeitgeschehen verlässt deren Leiter, Professor Reinhard Meier-Walser, 2021 die Hanns-Seidel-Stiftung. Dieser Sammelband, konzipiert und umgesetzt von seinen Mitarbeitern, bietet den angemessenen Rahmen, um seine herausragenden Leistungen zu würdigen: mit einer wissenschaftlich-basierten Publikation, die sich mit den zentralen Fragestellungen seines über Jahrzehnte hinweg fokussierten Forschungsschwerpunkts der Internationalen Beziehungen befasst. Die große Anzahl der namhaften Experten, die Reinhard Meier-Walser während seiner langen Karriere begleitet haben und nicht zögerten, dem Aufruf für diesen Band Folge zu leisten, ist ein Ausdruck der breiten Wertschätzung seiner Arbeit und seiner Person. Dieser Anerkennung von Reinhard Meier-Walsers Verdiensten ­schließe ich mich als Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung an. Herrn Professor Meier-Walser danke ich herzlich für sein unermüdliches Engagement für die Interessen der Hanns-Seidel-Stiftung insgesamt. Er hat dafür gesorgt, dass die Akademie für Politik und Zeitgeschehen als seriöser und relevanter Akteur in der wissenschaftlichen Politikberatung anerkannt ist. Er hat mit einer Vielzahl hochkarätig besetzter Veranstaltungen, mit zahlreichen Publikationen und als langjähriger Chefredakteur der Politischen Studien den Austausch zwischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit befördert. Und er hat mit seiner Arbeit die notwendigen Weichen gestellt, dass die Akademie auch in Zukunft für die Auseinandersetzung mit den gegenwärtigen und kommenden Wandlungsprozessen gewappnet ist. Markus Ferber, MdEP Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung