Beschreibung
Seit der globalen Finanzkrise von 2008 ist die Welt nicht mehr die alte - eine neue Logik hat sich der internationalen Politik bemächtigt. Die Globalisierung gilt nicht länger als Verheißung, von der alle Länder gleichermaßen profitieren, Nullsummendenken dominiert. Mit Nullsummenwelt legt Gideon Rachman nicht nur eine ebenso brillante wie unterhaltend geschriebene Überblicksanalyse jüngster Weltgeschichte vor, sondern zeigt auch Lösungen auf, wie diese neue Logik zu überwinden ist.
Autorenportrait
Gideon Rachman, Jahrgang 1963, studierte Geschichte in Cambridge. Seine journalistische Karriere begann er beim BBC World Service. Es folgten 15 Jahre beim internationalen Magazin The Economist, für das er aus Washington, Bangkok und Brüssel berichtete. 2006 wechselte er als außenpolitischer Chefkolumnist zur Financial Times. Das Schreiben liegt in der Familie: Sein jüngerer Bruder Tom Rachman feierte zuletzt mit dem Zeitungsroman "Die Unperferkten" international und auch in Deutschland einen Überraschungserfolg.
Leseprobe
Auf dem Weltwirtschaftsforum von Davos 2009 wurde deutlich, dass etwas schief gelaufen war. Das Treffen fand nur vier Monate nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers statt. Die internationalen Banker, die normalerweise durch die diversen Cocktailempfänge stolzierten, hielten sich versteckt, während ihre Geldhäuser taumelten und die öffentliche Empörung wuchs. Die Obama-Regierung stach durch ihre Abwesenheit hervor. Da die Amerikaner das Feld geräumt hatten, wurde der chinesische Premierminister Wen Jiabao zum Star der Davos-Show. Führende Geschäftsmänner der Welt drängten am Spätnachmittag in einen kleinen Seminarraum, um den Ansichten Wens über den aufziehenden wirtschaftlichen Sturm zu lauschen. An Wen war nichts Charismatisches. Klein von Statur, in Anzug und mit Brille, war sein Vortragsstil der eines Managers, der dem Vorstand Bericht erstattet. Gegen Ende seiner Rede aber gab der chinesische Premierminister seinen bürokratischen Stil auf und wurde philosophisch. Um die Krise besser zu verstehen, habe er "Adam Smith noch einmal gelesen." Vielleicht um ein bisschen anzugeben, betonte Wen, er habe dabei auf das Buch Theorie der ethischen Gefühle des Ökonomen aus dem 18. Jahrhundert zurückgegriffen, statt auf das weit bekanntere Reichtum der Völker. Für jeden mit etwas Geschichtssinn war das ein bizarrer Augenblick: Der Führer der Kommunistischen Partei Chinas schlug beim Vater der freien Marktwirtschaft nach. Staatsmänner einiger führender, kapitalistischer Länder schienen dagegen plötzlich mit dem Kommunismus zu flirten. Unmittelbar nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers ließ sich Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bei der Lektüre von Marx' Das Kapital fotografieren, und Peer Steinbrück, Deutschlands Finanzminister, merkte an, dass "gewisse Teile von Marx' Denken gar nicht so schlecht" seien.