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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783940426420
Sprache: Deutsch
Umfang: 320 S., 36 Illustr.
Format (T/L/B): 2.6 x 17 x 12 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Die alten Leute, die in "Chinageschichten" zu Wort kommen, sind heute um die achtzig Jahre alt. Sie waren also 1949, als Mao Zedong auf dem Platz des Himmlischen Friedens die Volksrepublik China ausrief, um die 20 Jahre alt. Damit gehören sie zur klassischen Aufbaugeneration ihres Landes. Sie haben noch ein Stück altes China erlebt, kennen noch das Ende der letzten Dynastie aus den Erzählungen der Eltern, wissen noch, wie geschnürte Füße aussahen und wie es in Peking zur Zeit der japanischen Besatzung zuging. Einige von ihnen haben ihre wichtigste Zeit im Bürgerkrieg auf der Seite der Kommunisten vor 1949 erlebt, andere sprechen am liebsten von der Zeit nach 1953, als in China Aufbruchstimmung herrschte. Einige sind kurz darauf fast verhungert, als Mao Zedong den "Großen Sprung nach vorn" ausrief und eine der schlimmsten Hungersnöte der Geschichte auslöste. In "Chinageschichten" erzählen Menschen von der Kulturrevolution 1967 bis 1977, und Menschen, die ihre aufregendste Zeit in der Zeit der Öffnung Chinas seit den achtziger Jahren hatten, als das Land begann, ökonomische Fortschritte zu machen und wieder Ausländer nach China einreisen durften - sei es als Touristen, sei es, um dort zu arbeiten. 1989, als die chinesische Demokratiebewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens niedergeschlagen wurde, gingen die Protagonisten dieses Buches in Rente, sie haben aber nichtsdestotrotz interessante Sichtweisen auf die Öffnung Chinas seit den achtziger Jahren - darauf, was aus dem Land geworden ist, das sie sich einst erträumt hatten. Und nicht zuletzt auf ihre Enkel, die "brandneuen Menschen", die in relativem Wohlstand aufgewachsen sind und noch nie die "Bitterkeit gekostet" haben, wie sie sagen. In diesem Buch kommen Menschen unterschiedlichster Gesellschaftsschichten vor: Unter anderen ein Bauer ein Sohn eines Lehrers in der Provinz Sichuan, der in Peking leitender Ingenieur wurde und mehrfach beruflich ins Ausland reiste, eine Tochter aus einer armen Pekinger Handwerkerfamilie, die in den fünfziger Jahren freiwillig aufs Land ging und dort ein besseres Land mit aufbauen wollte; ein Soldat, der im antijapanischen Krieg auf Seiten der Kommunisten kämpfte - sowie ein Pekingopernsänger, der im Peking vor der japanischen Besatzung auf eine Opernschule ging und während der Kulturrevolution Revolutionsopern sang. Das Buch "Chinageschichten" ist in der Tradition der Gesprächsprotokoll-Literatur ein Versuch der Annäherung an das Land "unterhalb" der großen Politik, aus der Perspektive des privaten Lebens und der Vertracktheiten der Organisation des Alltags zwischen gesellschaftlichen und politischen Wandlungsprozessen, wie sie selten drastischer waren als in diesem letzten Jahrhundert in China, und individueller Selbstbehauptung und Glücksuche. Es bietet zugleich einen anschaulichen, spannenden Blick auf eine langsam aussterbende Zeitzeugengeneration, die in der überbordenden Medienberichterstattung des Westens über China kaum vorkommt, obwohl deren Lebensspanne sie als Zeitzeugen für die Geschichte des modernen China so wichtig macht. Diese Gesprächsprotokolle zeigen, dass die Möglichkeit, endlich zu Wort zu kommen, von den Gesprächspartnern gern wahrgenommen wird. Dabei gewinnt ihr Mitteilungsbedürfnis - die einfache Tatsache, dass ihnen in einem China, in dem sich derzeit allzu viel um den Aufstieg der sozialen Leiter und die Anhäufung von Wohlstand dreht, derzeit nur wenige zuhören - im Verlauf des Erzählens die Oberhand über ihre Zurückhaltung und Schüchternheit gegenüber der Autorin aus dem Westen. In kurzen Einleitungen zu den jeweiligen Protokollen und der Beschreibung der Unterbrechungen der Gespräche ist nicht nur knapp der jeweilige Gesprächspartner und seine aktuelle Lebenssituation plastisch beschrieben, es werden auch immer wieder die Schwierigkeiten thematisiert, die die Gesprächspartner mit der Gesprächsituation hatten. Obwohl sich das Genre Gesprächprotokoll in China immer größerer Beliebtheit erfreut und i

Autorenportrait

Susanne Messmer, geboren 1971, lebt in Berlin und Peking. Im Alter von achtzehn Jahren gründete sie ihr erstes Kulturmagazin, mit achtundzwanzig ihre erste Plattenfirma. Sie studierte neue deutsche Literatur und Philosophie. Heute arbeitet sie als Kulturjournalistin für Presse und Funk (Taz, Merian, Die Zeit, Frankfurter Rundschau, Deutschland Radio Kultur, SWR2 usw.). "Beijing Bubbles", in dem es um Punk und Rock in Chinas Hauptstadt geht, ist ihr erster Dokumentarfilm, der auf vielen internationalen Filmfestivals lief und 2007 in die Kinos kam. Im Sommer 2008 erschien ihr literarischer Reisebegleiter "Peking" im Insel Verlag. Im September 2009 erscheint ihr neues Buch "Chinageschichten".

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