Beschreibung
Der Wesenskern systemischen Denkens (und Handelns!) liegt in einer - auf den ersten Blick - zwar einfachen, aber sehr folgenreichen Unterscheidung: Der Unterscheidung zwischen System und Umwelt. Diese Unterscheidung lässt nicht nur zu, sondern fordert geradezu, dass für unterschiedliche Arten oder Typen von Systemen unterschiedliche System-Umwelt-Unterscheidungen getroffen werden. Biologische, psychische und soziale Prozesse oder Systeme stehen wechselseitig in System-Umwelt-Relationen zueinander. Das heißt, in der Fokussierung der Aufmerksamkeit auf psychische Systeme sind soziale und biologische Systeme jeweils Umwelten. Umgekehrt bilden, in der Fokussierung auf soziale Systeme, psychische und biologische Systeme Umwelten. Hochrelevant und teils sehr eng gekoppelt - aber Umwelten. Es ist nicht möglich, eine Unterscheidung zu fassen, die allen anderen Unterscheidungen zugrunde liegt oder diese von ihr herleiten lassen - außer eben der formalen und allgemeinen zwischen System(en) und Umwelt(en). Dieser Ansatz wird häufig als Provokation erlebt, scheint er doch die Idee des ganzen Menschen und einer menschlichen Identität aufzugeben oder aktiv zu unterlaufen. Welche großen Chancen zu hilfreichen Einsichten und welche enormen Grade an Eigenwirksamkeit aber gerade in dieser methodischen Fragmentierung liegen, wird von Fritz B. Simon in diesem Buch wünschenswert klar und transparent herausgearbeitet. Und dies mit kongruenten Stilmitteln, die an bedeutende Vorreiter denken lassen, z. B. Ludwig Wittgenstein und Alfred N. Whitehead, um nur zwei zu nennen. Der neue Simon ist ein Buch für Menschen, die Lust am genauen und seine eigenen Folgen reflektierenden Denken haben. Es ist aber genau deshalb für eine im wahrsten Sinne aufgeklärte Haltung zu Psychotherapie, Coaching, Organisationsberatung und - last not least - wirkungsvollem bürgerschaftlichem Engagement unverzichtbar. Man könnte sagen: Drunter ist es nicht zu haben. Aber der Einsatz lohnt sich.
Autorenportrait
Fritz B. Simon, Dr. med., Univ.-Prof.; Studium der Medizin und Soziologie; Psychiater und Psychoanalytiker, systemischer Therapeut und Organisationsberater. Forschungsschwerpunkt: Organisations- und Desorganisationsprozesse in psychischen und sozialen Systemen. Autor bzw. Herausgeber von ca. 300 wissenschaftlichen Fachartikeln und 30 Büchern, die in 15 Sprachen übersetzt sind, u. a.: Der Prozeß der Individuation (1984), Die Sprache der Familientherapie (1984), Lebende Systeme (1988), Unterschiede, die Unterschiede machen (1988), Meine Psychose, mein Fahrrad und ich (1990), Radikale Marktwirtschaft (1992), Die andere Seite der Gesundheit (1995), Die Kunst, nicht zu lernen (1997), Zirkuläres Fragen (1999), Tödliche Konflikte (2001), Die Familie des Familienunternehmens (2002), Gemeinsam sind wir blöd!? (2004), Mehr-Generationen-Familienunternehmen (2005), Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus (2006), Einführung in die systemische Organisationstheorie (2007), Einführung in die systemische Wirtschaftstheorie (2009), Vor dem Spiel ist nach dem Spiel. Systemische Aspekte des Fußballs (2009), Einführung in die Systemtheorie des Konflikts (2010), "Zhong De Ban" oder: Wie die Psychotherapie nach China kam (2011), Einführung in die Theorie des Familienunternehmens (2012), Wenn rechts links ist und links rechts (2013), Einführung in die (System-)Theorie der Beratung (2014).