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Hundert Tage Alkohol

Kein Roman

Erschienen am 06.09.2011
19,80 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783707603774
Sprache: Deutsch
Umfang: 164 S.
Format (T/L/B): 1.7 x 19.5 x 13.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Ein verkrachter Sensationsjournalist aus Berlin-Mitte wird von einer Kollegin wegen sexueller Nötigung angezeigt und verliert die Nerven. Er flieht nach Österreich, um einem Prozess zu entgehen. Während das Thema Deutschland in eine hysterische, aufgeheizte Stimmung versetzt, scheint sich in Wien niemand für seine Vorgeschichte zu interessieren. Im Gegenteil: Er erlebt einen verblüffenden sozialen Aufstieg in der Hauptstadt des ehemaligen Weltreichs, den er ausgerechnet einflussreichen Frauen verdankt, die ihn lieben, ja, einen Narren an ihm gefressen haben. Wie Georges Duroy in Guy de Maupassants Roman Bel-Ami von 1885 steigt der Protagonist in Joachim Lottmanns Hundert Tage Alkohol in der sozialen Hierarchie der in Wien noch intakten großbürgerlichen Bohème immer höher. Was in Berlin zu Anzeigen und Ächtung führte, bringt ihn in Wien erst recht voran. Die Uhren dort gehen anders. Das Nachtleben wird nicht von schlechtem Kokain, Beziehungsunfähigkeit, neuer Armut und Bisexualität geprägt, sondern vom Alkohol.

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Czernin Verlags GmbH
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AT 1080 WIEN

Autorenportrait

Joachim Lottmann, geboren 1959, Hamburger in der vierten Generation, Sohn des FDP-Mitbegründers Joachim Lottmann, Enkel des Schiffsmaschinenherstellers Curt Lottmann, Urenkel des Finanzsenators Elias Lottmann (sowie Neffe des Dramatikers Wolfgang Borchert), fühlt sich der Vergangenheit verpflichtet - und gerät dadurch immer wieder mit der neuesten Gegenwart in einen geradezu mörderischen Konflikt. Lottmanns Romane "Mai, Juni, Juli" und "Die Jugend von heute" wurden Bestseller. Für "Der Geldkomplex" erhielt er 2010 den Wolfgang-Koeppen-Literaturpreis. 2011 erschien bei Kiepenheuer & Witsch "Unter Ärzten" sowie 2014 "Endlich kokain".

Leseprobe

Erst wohnte ich in einem katholischen Schwesternwohnheim, das den irritierenden Namen Die drei Schwestern des heiligen Erlösers trug. Da die christlichen Kirchen im Niedergang befindlich sind, ja seit Jahrzehnten auf dem Sterbebett liegen, störte sich niemand an meiner Person, meiner Konfession, meinemGeschlecht. Ich gab lediglich an, ein einfacher Reisender und Christ aus dem Norden Deutschlands zu sein und ein Bett zu benötigen. Ich erwarte nicht viel, murmelte ich, ängstlich meine Alkoholfahne verbergend, nur die Messe am Tag des Herrn sei mir unverzichtbar. Bei dem Ausdruck Tag des Herrn verzog die Frau an der Rezeption seltsam das Gesicht. Eine Atheistin, sogar hier? Jedenfalls blieb ich eine Woche und fühlte mich wohl. Alles war sauber, karg, grob, minimalistisch, und die Stoffe so natürlich: Holz, Stoff, Stein. Um sechs Uhr morgens war die Frühmesse, und als ich einmal zufällig zu dieser Stunde vor der Pforte stand, von einer Ausgehnacht heimkehrend, stellte ich fest, dass sich nur zwei alte Frauen in der Kapelle aufhielten. Traurig entfernte ich mich wieder. Die jüngeren Schwestern des heiligen Erlösers waren wahrscheinlich noch länger aus als ich. Die tanzten sich gerade in den angesagten Clubs den Teufel aus dem Leib.