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Familien-Stärken

Behinderung, Resilienz und systemische Therapie

Erschienen am 21.07.2019, 3. Auflage 2019
38,00 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783608961195
Sprache: Deutsch
Umfang: 288 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 22.8 x 15.4 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Welche Stärken zeichnen Familien behinderter Kinder aus, denen es gelingt, 'trotz alledem' ein erfülltes Leben zu führen? Und wie können Beratung und Therapie diese Stärken fördern? Rüdiger Retzlaff untersucht, wie Akzeptanz und Resilienz entstehen und gibt detaillierte Anleitungen für die ressourcenorientierte Arbeit. Das Leben mit einem behinderten Kind ist für Eltern eine große Herausforderung - doch viele Familien kommen mit ihrer Lebenssituation bemerkenswert gut zurecht. Welche Stärken zeichnen kompetente Familien aus, denen es gelingt, 'trotz alledem' ein erfülltes Leben zu führen? Und wie können Beratung und Therapie diese Stärken fördern? Ausgehend von Konzepten der systemischen Therapie, der Familien- und Kohärenzforschung und Interviews mit Familien vermittelt Retzlaff ein Verständnis davon, welche Familienmuster und Einstellungen dazu beitragen, dass Akzeptanz und Resilienz entstehen. In einem ausführlichen praktischen Teil finden Berater konkrete Hinweise und detaillierte Anleitungen für die ressourcenorientierte Arbeit, die gezielt die Stärken von Familien behinderter Kinder ansprechen. Zielgruppen: Systemische Familientherapeuten Kinderärzte BeraterInnen aus Frühfördereinrichtungen, Sozialpädiatrischen Zentren, Rehabilitationseinrichtungen, Sonderpädagogischen Beratungsstellen, Kinderkliniken Betroffene

Produktsicherheitsverordnung

Hersteller:
Klett-Cotta J.G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger
info@klett-cotta.de
Rotebühlstraße 77
DE 70178 Stuttgart

Autorenportrait

Rüdiger Retzlaff, Dr. sc. hum., Diplom-Psychologe, Psychotherapeut und Kinder- und Jugendpsychotherapeut, ist Leiter der Ambulanz für Paar- und Familientherapie der Universitätsklinik Heidelberg, Lehrtherapeut für systemische Therapie, Hypnotherapie, Verhaltenstherapie und psychodynamische Therapie, Lehrtherapeut am Helm Stierlin-Institut sowie in der Postgraduierten-Ausbildung von Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten tätig. >>Die Webseite des Autors: www.ruediger-retzlaff.de >>Die Webseite des Helm Stierlin Instituts: www.hsi-heidelberg.com Arist von Schlippe, Jg. 1951, verheiratet, drei Kinder. Diplom-Psychologe, seit 2005 als Universitäts-Professor für Führung und Dynamik von Familienunternehmen an der Universität Witten/Herdecke tätig, akademischer Direktor des Wittener Instituts für Familienunternehmen (WIFU). Lehrtherapeut und lehrender Supervisor für systemische Therapie (SG Berlin). Mitherausgeber der Fachzeitschrift 'Familiendynamik' (Klett-Cotta). Autor zahlreicher Bücher und Veröffentlichungen zur systemischen Praxis und zu Familienunternehmen.

Leseprobe

Vorwort Ein Wort nur, es ist doch nur ein Wort: 'Behinderung'. Doch Worte sind nicht harmlos, Beschreibungen können in das Beschriebene eingreifen und es verändern, indem sie es mit besonderen Bedeutungen versehen. 'Behinderung' ist eine dieser Beschreibungen, die die Kraft haben, Leben zu verändern, Lebenswelten durcheinander zu schütteln. Unsere Kultur hat hier große Fortschritte gemacht; die Haltung zum Thema Behinderung in der Gesellschaft hat sich gewandelt, von der Schule bis zu den Olympischen Spielen stehen die Zeichen auf Integration. Und doch sind bis heute die Betroffenheit und die Hoffnungslosigkeit, in die Menschen hineinfallen können, groß, wenn sie mit diesem Wort konfrontiert werden. Entsprechend groß sind die Belastungen, denen sich die Familien mit dieser Diagnosestellung gegenübersehen. In dem vorliegenden Buch wird davon ausgegangen, dass Belastung nur die 'eine Seite der Medaille' ist. Die andere Seite zeigt sich darin, dass eine Behinderung Menschen auch dazu herausfordern kann, ungeahnte Stärken zu entwickeln. Menschen können eine Widerstandsfähigkeit gegenüber der Bedrohung und der Belastung zeigen, die sie sich selbst nie zugetraut hätten. Der in diesem Zusammenhang seit einiger Zeit bedeutsam gewordene Begriff heißt Resilienz. Er ist im Gegensatz zu 'Behinderung' ein 'polysemantisches' Wort, d.h. es können sich daran viele neue Bedeutungsfelder und Geschichten ankoppeln. Denn der Begriff Resilienz weist darauf hin, dass Menschen auch mit sehr massiven Belastungen ganz unterschiedlich umgehen können. Behinderung geht nicht zwangsläufig mit Stress einher, mündet nicht zwangsläufig in einer schicksalhaften Katastrophe. Wenn es gelingt, den Assoziationen, die der Begriff nahe legt, 'entdämonisierende' eigene Sinnzuschreibungen entgegenzustellen, dann können in der vermeintlichen Belastung auch besondere Kräfte entfaltet werden. Ich persönlich habe in der Arbeit mit Familien mit chronisch kranken Kindern mehr als einmal gehört, dass sie die Krankheit auch als 'Glück' bezeichneten - so schwer ich als Nicht-Betroffener dies nachvollziehen konnte. Die Familien beschrieben die Erfahrung als eine besondere Qualität, auch im positiven Sinn 'anders als andere Familien' zu sein: im Alltag in vielen Momenten das Geschenk, lebendig zu sein, bewusst zu spüren, symptomfreie Momente und kleine Besserungen beglückend zu erleben und die Beziehungen zueinander intensiv und stark wahrzunehmen. Die von Rüdiger Retzlaff in diesem Buch veröffentlichten Studien zeigen, dass es möglich ist, Familien darin zu unterstützen, solche Qualitäten für sich nutzbar zu machen, Resilienz zu entwickeln. Dazu gehört als Wesentlichstes, nicht beim 'Stigma' und der 'Unveränderbarkeit' stehen zu bleiben, sondern weiterzugehen, sich Unterstützung zu holen, Information aufzunehmen und zu verarbeiten und miteinander in Gesprächen zu bleiben. Die Erfahrungen lassen sich in Geschichten wiederfinden. Sie können zu Geschichten davon werden, wie Hoffnungslosigkeit durch eigene Sinngebung und durch Beziehung gebannt werden kann. Die beiden Typen von 'Resilienzgeschichten', die von der 'wieder gefundenen Balance' und auch die mühevollere 'vom langen, mühsamen Weg bergauf' sind in diesem Buch eindrückliche Belege für diese Prozesse. Fachleute sind in diesen Prozessen nicht einfach 'objektive Beobachter', sondern sie sind intensiv mit einbezogen. Sie sind mit beteiligt daran, wie Behinderung erlebt wird, denn diese wird durch den Akt der Versprachlichung und Benennung (auch) eine soziale Konstruktion. Spätestens von dem Moment der Diagnose an re-agieren Fachleute nicht nur auf die Behinderung, sondern sie konstruieren die Phänomene mit, mit denen sie es zu tun haben. Daher ist es besonders wichtig, sensibel für den genauen Auftrag zu sein, mit dem man arbeitet. Die Metaphorik, die sich so schnell bei 'Behinderung' einstellt, darf nicht zu einer 'Problemtrance' des Therapeuten führen. Es sollte etwa nicht unhinterfragt davon ausgegangen werden, dass die jeweilige Familie emotional bedürftig sei und dringend eine Behandlung brauche. Im Gegenteil: Der Blick auf das Potential an Resilienz, das die Familie mitbringt bzw. entwickelt hat und entwickeln kann, hilft aus der Trance heraus. Weit entfernt von reinem Krankheits- oder Belastungs-'Management' geht es hier darum zu verstehen, also um komplexe Prozesse der Sinngebung. Es kann sinnvoll sein, als Fachperson der Familie eine ganze Reihe nützlicher Informationen zu geben und sie in Fragen des Umgangs miteinander zu beraten. Darüber hinaus aber kann man auch von diesen Familien lernen und erfahren, wie Menschen mit den Herausforderungen umgehen, vor die sie das Schicksal gestellt hat. Es kann sein, dass man als Therapeutin oder Therapeut/Beraterin oder Berater beeindruckt ist von der enormen Kraft, die dann entstehen kann, wenn jemand dieses Schicksal annimmt, sich ihm stellt und an ihm wächst. Wohl so mancher Profi mag sich fragen, ob er/sie in einer vergleichbaren Lage zu ähnlichen Leistungen in der Lage wäre - zumindest kann ich persönlich sagen, dass ich mir diese Frage mehr als einmal gestellt habe. Doch sollen diese Familien hier auch nicht verklärt werden. Natürlich bleibt auch die Belastung bestehen und es gibt viele Familien und Eltern, die länger andauernde Unterstützung wünschen und brauchen. Und natürlich sind auch die soeben beschriebenen Reifungsprozesse alles andere als 'ein Spaziergang'. Die Auseinandersetzungen, die Konfrontation mit heftigen eigenen und fremden Gefühlen hinterlassen ihre Spuren, die manchmal aufgearbeitet werden wollen. Es ist daher gut, dass das Buch neben dem Aufzeigen der beschriebenen Dynamiken auch ein ausführliches Kapitel über Beratungspraxis enthält. Hier wird deutlich, dass es weniger um das korrekte Anwenden therapeutischer Instrumentarien geht als vielmehr darum, einen verstehenden Rahmen bereitzustellen, der den Betroffenen hilft, eine eigene kohärente Geschichte zu entwickeln - im gelegentlichen Innehalten, in der Rückschau und der Reflexion des eigenen Weges. Die Anregungen, die für die BeraterInnen dabei gegeben werden, sind weniger technischer Art (obwohl es auch diese gibt). Vielmehr helfen sie, die Aufmerksamkeit zu fokussieren. Sie sind geeignet, gemeinsam mit der Familie nach einer neuen Geschichte zu suchen, die einen passenden integrierenden Sinnrahmen bietet - innerhalb dessen die Behinderung einen angemessenen Platz erhält: nicht als alles überschattendes Zentrum des Lebens, wohl aber als ein wichtiger und nicht wegzudenkender Teil der Familie. Ich wünsche diesem wichtigen Buch viele Leserinnen und Leser, die sich anregen und bewegen lassen, auf die Geschichten betroffener Familien zu hören, Geschichten zu erzählen und neue Geschichten zu (er-)finden. Arist v. Schlippe Osnabrück/Witten, im Mai 2010 TEIL I Grundlagen 1 Einleitung Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch. Friedrich Hölderlin Dieses Buch befasst sich mit dem Zusammenhang von Schlüsselfaktoren, die zur Resilienz von Familien mit Kindern mit Behinderungen beitragen. Die Zahl der Kinder, die an einer körperlichen oder geistigen Behinderung leiden, ist beträchtlich. Die Mehrzahl von ihnen lebt in ihren Familien und ist auf lange Zeit auf deren Fürsorge, Unterstützung und Liebe angewiesen. Die meisten Kinder sind in der Lage, mit zunehmendem Alter mehr Verantwortung für sich zu übernehmen, und erreichen ein höheres Ausmaß an Autonomie (Seiffge-Krenke 1996). Bei schwer mehrfachbehinderten Kindern ist dies jedoch nur sehr bedingt der Fall. Ungeachtet der Fortschritte der Medizin kann bei ihnen kaum auf eine substanzielle Besserung ihrer Einschränkungen gehofft werden. Ihre Eltern bleiben über einen großen Teil der Lebensspanne hinweg in einer verantwortlichen Position und leisten über viele Jahre hinweg Langzeitpflege. Betroffene Familien sind deshalb mit großen, sich ständig wandelnden physischen, psychischen, sozialen und finanziellen Herausforderungen konfrontiert. Die Elter... Leseprobe

Schlagzeile

Ressourcenorientierte Beratung bei Familien mit behinderten Kindern