Beschreibung
Inside Amazon Bewundert, gefürchtet und hart kritisiert: Firmengründer Jeff Bezos und sein Unternehmen Amazon mit Sitz in Seattle ist längst nicht nur der größte Onlineeinzelhändler der Welt. In beängstigendem Tempo treibt der Erfinder des Kindle die digitale Wirtschaft vor sich her und erobert immer mehr Geschäftsfelder: von Hardware, Logistik, digitalem Content und künstlicher Intelligenz - Alexa lässt grüßen - bis zu einem ehrgeizigen Raumfahrtprojekt. Was ist das Geheimnis des Systems Amazon? Wer zahlt den Preis? Der Technologieexperte Brad Stone ist der Erste mit Zugang zum Zentrum der Macht. Er liefert den spannenden Insiderblick auf Licht und Schatten der Erfolgsgeschichte des Netzgiganten, auf das Profil seines rücksichtslos kompetitiven Gründers sowie den Ausblick auf seine Zukunft.
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Autorenportrait
Brad Stone schrieb für die New York Times über neue Technologien und arbeitet heute für Bloomberg Businessweek in San Francisco. Er verfügt über hervorragende Quellen und Insiderberichte von Freunden und Feinden, dank derer er über die Macht, die Geheimnisse und den Erfolg von Jeff Bezos und seinem Web-Riesen berichtet.
Leseprobe
VORWORT Alexa, wer ist der reichste Mensch der Welt? Im Herbst 2017 bekam man von Amazons sprachaktivierter digitaler Assistentin eine neue Antwort auf diese Frage: Jeff Bezos, Gründer und CEO von Amazon.com und eine der weltweit bekanntesten Persönlichkeiten der Geschäftswelt. Im Aufwind der Aktienpreise seines gerade mal 23 Jahre alten Unternehmens war Bezos' persönliches Vermögen auf mehr als 100 Milliarden Dollar angewachsen, ein Erfolg, der nahezu alle Welt überraschte, sieht man mal von seinen glühendsten Anhängern ab. Das Unternehmen hatte Milliarden in einen neuen Schwung teilautomatisierter Versandzentren investiert, die in den meisten städtischen Gegenden eine Lieferung am nächsten oder übernächsten Tag ermöglichten. Im Sommer 2017 hatte man für 13,7 Milliarden Dollar die Biokette Whole Foods Market aufgekauft und damit einen weiteren Schritt hin zum Verkauf verderblicher Waren getan, was bei den konventionellen Supermärkten eine Welle von Angst auslöste. Außerdem dominierte man nach wie vor die Rivalen Google und Microsoft beim Wettlauf um die lukrativen Cloud-Computing-Dienste für Unternehmen, Universitäten und Behörden. Amazons bemerkenswerteste Leistung freilich dürfte die Erfindung von Alexa selbst gewesen sein. Seit 2011 hatte das Unternehmen in aller Stille Start-ups aus dem Bereich der Spracherkennung aufgekauft sowie AI-Ingenieure und auf dem Gebiet der natürlichen Sprache forschende Wissenschaftler eingestellt. Hinter der fieberhaften Aktivität stand Bezos' Traum von einem Computer, mit dem man so sprechen konnte, wie die Crew der Enterprise in seiner Lieblingsserie Star Trek mit ihrem Raumschiff sprach. Ihre Arbeit resultierte 2014 in der Einführung des Smart-Speakers Echo, der eine neue Ära im Bereich des sprachaktivierten Computings einläutete. Hier manifestierte sich auf perfekte Weise Bezos' Philosophie, aktuelle Quartalszahlen oder die Ergebnisse des nächsten Geschäftsjahres außen vor zu lassen und stattdessen auf lange Sicht zu denken. Alexa, Amazon Web Services und der Erwerb von Whole Foods sind Initiativen, die im dritten Jahrzehnt von Amazons Bestehen über die Zukunft des Unternehmens entscheiden werden. Das vorliegende Buch erzählt die Geschichte der ersten 21 Jahre; es versucht sich an der Chronik eines Kampfs auf Biegen und Brechen, schildert, wie eine simple Idee realisiert und dann eine skeptische Welt davon überzeugt wird, dass sich ein zu Verlusten neigender Online-Einzelhändler zu einem erstklassigen Tech-Unternehmen entwickeln kann. Es beschreibt darüber hinaus, wie aus einem Startup mit einigen Dutzend Leuten aus einer heruntergekommenen Gegend Seattles ein Ungetüm mit mehr als einer halben Million Angestellten in über dreißig Ländern und einer Unternehmenskultur wurde, die allenthalben als unerbittlich und skrupellos gilt. Unerbittlich und skrupellos. Diese Adjektive werden Ihnen auf den folgenden Seiten immer wieder begegnen. Sie stehen für extreme Werte, wie sie freilich den meisten erfolgreichen Unternehmen vertraut sind. Jeff Bezos' erstaunliches Talent besteht darin, stets die richtige Mischung dieser tödlichen Kombination einzusetzen: Sie ist womöglich der größte Aktivposten des Unternehmens. Brad Stone Mai 2018 PROLOG: DER LADEN FÜR ALLES Anfang der 1970er Jahre entwickelte eine rührige Werbemanagerin namens Julie Ray eine gewisse Faszination für ein unkonventionelles staatliches Förderprogramm für hochbegabte Grundschüler im texanischen Houston. Ihr Sohn gehörte zu den ersten Schülern des später als "Vanguard Program" bekannt gewordenen Konzepts zur Förderung von Kreativität, Unabhängigkeit und offenem, unkonventionellem Denken. Ray war sowohl vom Lehrplan als auch von der Gemeinschaft leidenschaftlicher Lehrer und Eltern derart angetan, dass sie sich auf die Suche nach ähnlichen Schulen machte und ein Buch über die damals aufkommende Hochbegabtenförderung in Texas plante. Einige Jahre später, ihr Sohn war bereits an der Highschool, besuchte Ray das Programm ein weiteres Mal im Rahmen der Arbeit an ihrem Buch. Es war in einem Flügel der Grundschule des wohlhabenden Houstoner Bezirks River Oaks untergebracht, deren Direktor ihr einen seiner Schüler, einen wortgewandten Sechstklässler mit sandfarbenem Haar, als Begleiter zuwies. Die Eltern des Jungen baten sich lediglich aus, dass sie im Buch seinen richtigen Namen verschwieg. Also nannte Ray ihn Tim. Tim, so schrieb Julie Ray später in ihrem Buch Turning On Bright Young Minds: A Parent Looks at Gifted Education in Texas, war "ein Schüler von überragendem Intellekt und schmächtigem Wuchs, freundlich, aber ernst". Seinen Lehrern zufolge verfügte er "nicht unbedingt über Führungsqualitäten", bewegte sich aber selbstbewusst unter seinesgleichen und ließ sich ihr gegenüber eloquent über die Vorzüge von J.?R.?R. Tolkiens Roman Der Hobbit aus, den er gerade las. Tim war mit seinen zwölf Jahren bereits vom Konkurrenzdenken geprägt. Wie er Ray erzählte, las er eine breite Palette von Büchern, um sich für einen speziellen Lektüreschein zu qualifizieren, meinte aber, einer Klassenkameradin nicht das Wasser reichen zu können, die - ihrer eigenen, eher unwahrscheinlichen Behauptung nach - ein Dutzend Bücher die Woche las. Tim zeigte Ray auch sein Projekt für die Wissensmesse der Schule: eine batteriebetriebene Vorrichtung mit rotierenden Spiegeln, die die optische Illusion eines endlosen Tunnels schuf. Er hatte seinen Infinity Cube, wie er die Vorrichtung nannte, einem Gerät nachempfunden, das er in einem Laden gesehen hatte. Nur hatte der Würfel dort 22 Dollar gekostet - und "meiner war billiger", sagte er. Von seinen Lehrern erfuhr Julie Ray, dass man drei von Tims Projekten bei einem lokalen naturwissenschaftlichen Wettbewerb einzureichen gedachte, der sonst eher für Highschools gedacht war. Der Lehrkörper lobte Tims Erfindungsreichtum; man könnte sich aber durchaus einen gewissen Argwohn seinem Intellekt gegenüber vorstellen. Tim hatte nämlich eine Methode entwickelt, die Lehrer der sechsten Klasse zu bewerten. Es gehe ihm darum, so sagte er, Lehrer danach zu bewerten, "wie sie unterrichten, nicht nach ihrem Beliebtheitsgrad". Er hatte seinen Fragebogen in der Klasse herumgehen lassen und war zur Zeit von Julie Rays Besuch im Begriff, die Ergebnisse zu berechnen und das Abschneiden der einzelnen Lehrer in Relation zu allen anderen grafisch darzustellen. Tims Durchschnittstag war, wie Ray sich ausdrückte, vollgepackt. Er stand morgens früh auf und nahm um sieben den Bus, der einen Block vom Elternhaus entfernt losfuhr. Nach 20 Meilen Fahrt stürzte er sich in der Schule in ein Sperrfeuer von Fächern: Mathematik, Lesen, Sport, Chemie, Biologie, Physik, Spanisch, Kunst. Außerdem war eine gewisse Zeit für Einzelprojekte und Diskussionen in kleinen Gruppen reserviert. In einer der Stunden, so schrieb Julie Ray, saßen sieben Schüler, darunter Tim, in einem engen Kreis im Büro des Rektors beisammen; die Übung hieß produktives Denken. Man gab ihnen kurze Artikel, die sie, jeder für sich, lasen, um sie im Folgenden zu diskutieren. Im ersten Artikel ging es um einige Archäologen, die bei der Rückkehr von einer Expedition die Entdeckung eines Schatzes kostbarer Artefakte bekannt gaben, was sich später als Betrug herausstellte. Ray notierte sich Auszüge aus dem folgenden Dialog: "Wahrscheinlich wollten sie berühmt werden. Da wünschten sie einfach weg, was sie nicht sehen wollten." "Es gibt Leute, die gehen durchs Leben, ohne sich zu ändern." "Man sollte Geduld haben. Analysieren, womit man arbeiten muss." Tim sagte Julie Ray, dass ihm viel an diesen Übungen liege. "So wie die Welt nun mal ist, wissen Sie, könnte Ihnen jemand sagen, dass Sie auf den Knopf drücken sollen. Man muss in der Lage sein, für sich selbst zu entscheiden, was man macht." Es gelang Ray nicht, einen Verleger für Turning On Bright Minds zu interessieren. Den Lektoraten der großen Verlage war das Thema zu eng gefasst. So finanzierte sie schließlich 1977 mit den Einnahmen...