Beschreibung
InhaltsangabeInhalt Vorwort9 Einleitung: Arbeit, Organisation und Mobilität aus grenzüberschreitender Perspektive Martina Maletzky, Martin Seeliger und Manfred Wannöffel11 I.Die Analyse von Raum, Mobilität und deren Folgen Wovon wir reden, wenn wir über Raum reden: Raum als Deutungsmuster und Erkenntnisperspektive der globalisierten Welt Martina Fuchs29 Transnationale Verflechtungen - Ludger Pries' figurationssoziologische Sozialraumtheorie mit doppelt grenzüberschreitendem Sinnhorizont Martin Seeliger46 Migrationsforschung "sachsonisch", "teutonisch" und "gallisch": Eine transnationale Wissenschaftssoziologie Monika Salzbrunn63 Der politische Dialog als Instrument der Bewältigung von Multikulturalität: Eine diskursanalytische Betrachtung des Integrationsgipfels in Deutschland Ivo Nájera Núñez85 Irregular Migrant Citizenship: Exploring a Conceptual Horizon of Global Care Chains through Domestic Workers' Negotiation over Social and Economic Rights Kyoko Shinozaki110 Urbi et Orbi: Transnationale religiöse Netzwerke AlexanderKenneth Nagel133 II.Arbeit und Arbeitsorganisation in grenzüberschreitender Perspektive Betriebsräte im Prozess sozialer Innovationen Friedrich Fürstenberg157 Mitbestimmung im Volkswagen-Konzern Alexandra Baum-Ceisig und Bernd Osterloh176 Transnationalisierung der Automobilindustrie als Herausforderung für Europäische Betriebsräte Axel HauserDitz, Markus Hertwig, Valentina Mählmeyer und Luitpold Rampeltshammer190 Arbeitsmigration in Mexiko: Transnationale Erwerbsregulierung im nordamerikanischen Wirtschaftsraum? Oscar Calderón und Manfred Wannöffel229 Wohlfahrtsregime als Konfigurationen der Erwerbsstrukturierung - Das Beispiel Lateinamerikas Rainer Dombois253 Sozioökonomische Verunsicherungen und Schuldenkrise des Staates als Hintergrund für postdemokratische Tendenzen Rolf G. Heinze272 Global oder lokal? Produktions- und Personalsysteme lokaler Automobilhersteller in den BRIC-Ländern Ulrich Jürgens und Martin Krzywdzinski291 Handlungsfelder für Arbeit, Personalmanagement und Mitbestimmung an der Schnittmenge von Nachhaltigkeit, Innovation und Globalisierung Werner Widuckel322 III.Grenzüberschreitung in und von Organisationen: Koordination, Legitimation und Wissen Die Qual der Wahl? Multiple Optionen bei der Umsetzung und Entwicklung von Technologiestrategien von Multinationalen Unternehmen in Mexiko Jorge Carrillo347 The Machines in Division of Labour Studies: Facts and Debates Michel Freyssenet367 Die Auswahl von Expatriates - Die strukturelle Unzulänglichkeit des Personalmanagements Heiner Minssen378 Zur Strukturierung von organisationalen Mobilitätsregimen - Institutionen-theoretische Überlegungen zur Genese von intraorganisationalen Mobilitätsmustern zwischen Deutschland und Mexiko Martina Maletzky398 Bridging Diverse Expectations in Germany and Pakistan: The Transnational Legitimization Strategies of Caritas Zeynep Sezgin and Dennis Dijkzeul430 Religiöse Migrantenorganisationen in einem transnationalen organisationalen Feld - Die Fallstudien AABF und DITIB im Vergleich Kerstin Rosenow-Williams und Tülay Tuncer-Zengingül463 Transnational Political Education: The German Political Foundations in Mexico Christel Adick and Gustavo Emmerich483 Zum Leben und Werk von Ludger Pries - Eine (erwerbs-)biografische Skizze Karin Pries und die Herausgeber515 Autorinnen und Autoren521 Tabula Gratulatoria530
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Autorenportrait
Dr. Martina Maletzky arbeitet am Lehrstuhl Organisation, Migration, Mitbestimmung an der Ruhr-Universität Bochum. Martin Seeliger ist Promotionsstipendiat am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln. Dr. Manfred Wannöffel ist Geschäftsführender Leiter der Gemeinsamen Arbeitsstelle Ruhr-Universität Bochum/Industriegewerkschaft Metall.
Leseprobe
Die Verbindung von Arbeit und grenzüberschreitender Mobilität im engeren (personelle Mobilität) und im weiteren Sinn (Migration) ist zuneh-mend eine gesellschaftliche Realität, die erst mit Zeitversetzung und sehr limitiert von Arbeits- und Organisationssoziologen erforscht wird (Kessel-ring/Vogl 2010; Mense-Petermann 2009; Minssen 2009). Arbeits-bezogene Mobilität wird immer mehr zu einem Imperativ moderner Arbeitswelten (Kesselring/Vogl 2010). So gab es in Deutschland im Jahr 2011 nach Daten des VDR (2012) 8,8 Millionen Geschäftsreisende, das ist ein Plus von 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei einer Zahl von 41.293.000 inländischen Erwerbstätigen bedeutet dies, dass jeder fünfte Dienstreisen angetreten hat. Dies sind im Jahr 2011 163,9 Millionen Geschäftsreisen, die 44,8 Milliarden Euro kosteten. Zwar haben die Zahlen von Geschäftsreisen insgesamt im Vergleich zu 2003 abgenommen, jedoch sind gleichzeitig für den einzelnen Arbeitnehmer Rationalisierungs- und Normalisierungsschübe erkennbar (Kesselring/Vogl 2010), bei denen es zunehmend als selbstverständlicher angesehen wird, beruflich mobil zu sein und Kompensationen bei gleichzeitigem Anstieg der Anforderungen an Arbeitnehmer geringer ausfallen als zuvor. Während die Zahl der Geschäftsreisen leicht abgenommen hat, haben langfristige Ortswechsel von Mitarbeitern grenz-überschreitend agierender Unternehmen tendenziell eher zugenommen. Bei vielen Unternehmen wird eine leichte Zunahme erwartet (Brookfield 2010). Wenig ist jedoch bislang bekannt über Folgen und Funktionen von (grenzüberschreitender) Mitarbeitermobilität für das Arbeitsleben. In der Sozialwissenschaft werden vereinzelt aus lebensweltlicher (zum Beispiel Vorheyer 2012; Cohen 1977) oder postkolonialer Perspektive (zum Bei-spiel Fechter/Walsh 2010; Leonhard 2010) Analysen betrieben, arbeits-soziologisch ist das Thema jedoch unterbeleuchtet (für Ausnahmen siehe Minssen 2013; 2009). Pries (2010b: 131ff.) weist zu Recht darauf hin, dass ein methodo-logischer Nationalismus bei der Betrachtung von arbeitssoziologischen Gegenständen vielfach zu kurz greift. Eine grenzüberschreitende Perspektive führt zu neuen Forschungsperspektiven und Ergebnissen. Dies gilt für die Erforschung der Arbeits- und Beschäftigungs- sowie Beteiligungsbedingungen. So führt die Analyse von Erwerbsarbeit aus grenzüberschreitender Perspektive zu neuen Typenbildungen wie zum Beispiel dem globalen Manager, der globalen Elite oder Bourgeoisie (Pohlmann 2009; Hartmann 1999; Gottwald/Klemm 2009), Berufs-nomaden (Vorheyer 2012), globaler Weltklasse (Kanter 1996). Auch bringt grenzüberschreitende Erwerbsarbeit Eigenheiten bezüglich arbeits- und lebensweltlicher Erfahrungen grenzüberschreitend tätiger Arbeitneh-mer sowie deren gesellschaftliche und organisationale Einbindung und Prägung hervor (Kreutzer/Roth 2006; Maletzky 2010; Klemm/Popp 2006; Mense-Petermann 2006; 2009; Wagner 2006; Minssen 2009; Minssen/Schmidt 2008; Kesselring/Vogl 2010). Grenzüberschreitende Erwerbsarbeit hat vielfach zu Grenzüberschreitung bei der Erwerbstrukturierung geführt, die die Interessenregulierung vor neue Herausforderungen stellt (Pries 2010a; 2010b; Pries/Wannöffel 2011; Whittall u.a. 2009; Seeliger 2012). Auch soziale Ungleichheiten, die aus der Verortung durch Arbeit in der Gesellschaft (re)produziert werden, sind - wie das Beispiel der Berliner Jugendlichen zeigt - aus grenzüber-schreitender Perspektive neu zu beleuchten (siehe auch Berger und Weiß 2008). Wie oben aufgezeigt sind Arbeitsorganisation, -regulierung und nicht zuletzt auch einige Formen von Mobilität an Organisationen gekoppelt und durch die Überschreitung von nationalstaatlichen Grenzen durch Güter, Dienstleistungen und Menschen geprägt (Pries 2010; Rehbein/Schwengel 2008). Dies gilt vor allem für Wirtschaftsorganisationen. So wird bei internationalen Konzernen wie Volkswagen knapp 90 Prozent des Absat-zes im Ausland generiert und sie bewegen jährlich Tausende von Men-schen durch die Welt, um die globale Wertschöpfung und eine Vernetzung der Standorte zu gewährleisten. Große Unternehmen erwirtschaften dabei zum Teil mehr als kleinere Volkswirtschaften (Rehbein/Schwengel 2008). Ihr Potenzial zur Strukturierung von Arbeitsmärkten und Arbeitspolitik wächst, der Druck, den die Verlagerung von Arbeitsplätzen auslöst, führt zu Machtverschiebungen (Trincek 2011). Arbeits und Organisationssoziologie existieren jedoch vielfach nebeneinander (Faust u.a. 2005). Zwar wurde sich den Organisationsformen von Erwerbsarbeit in der Arbeits und Industriesoziologie lange und ausführlich gewidmet (siehe zum Beispiel die Arbeiten von Klassikern des Vereins für Socialpolitik (u.a. Bernays 1910; Max Weber 1924; 1972), sowie den Begründern der Management Science Taylor (1995) und Fayol (1929) bis hin zu einer Dokumentation neuerer Entwicklungen (Lean Production und Infragestellung der Rationalität und Effektivität von bürokratischer Arbeitsorganisation (Crozier/Friedberg 1979; Bosetzky 1988 etc.)), jedoch läßt das anfängliche Interesse schnell nach (für wenige Ausnahmen siehe zum Beispiel Maurice/Sorge 1990). Die geringe Überschneidung zwischen Organisations und Arbeitssoziologie kann vor allem im Hinblick auf grenzüberschreitende Phänomene konstatiert werden. Weder die Organisation von grenzüberschreitender Arbeit und noch die Funktion und der Stellenwert von personeller Mobilität aus Organisationsperspektive, ebenso wenig wie die mobilitätsgenerierenden Kräfte von Organisationen und dessen Folgen sind bislang ausreichend mit Forschung bedacht worden. Organisationen und hier vor allem Grenzüberschreitende Unternehmen (GU) sind jedoch Motor und Resultat von Grenzüberschreitung. Die Organisationssoziologie widmet sich allerdings erstaunlich wenig grenzübergreifenden Organisationen (siehe zum Beispiel Einführungs-werke wie Preisendörfer (2008), Abraham/Büschges (2009) etc., in denen kein Kapitel einer internationalen Ausrichtung gewidmet ist oder nur am Rande eine Rolle spielt). Die Wechselwirkungen zwischen Organisationen und der global (ausdifferenzierten) gesellschaftlichen Umwelt werden jedoch als wichtige Forschungsperspektiven der Zukunft gesehen (zum Beispiel Tacke 2010: 355). GU und grenzüberschreitende Organisationen werden vereinzelt in wirtschaftssoziologischer und vor allem in wirtschaftswissenschaftlicher Forschung betrachtet. Hier ist die internationale Managementforschung dominant, die sich zumeist mit "praxeologischen Gestaltungsperspektiven" (Hirsch-Kreinsen 2010) auf Strategien und Strukturen von GU ausrichtet. Daran geknüpft ist die kultur- beziehungsweise institutionenvergleichende Forschung (Hofstede 1980; House u.a. 2004; Hall/Soskice 2001; Whitely 1999). Vereinzelt gibt es industrie- und organisationssoziologische Beiträ-ge, bei denen vor allem Machtfragen, Probleme der Durchsetzung strategischer Ziele in GU oder das Verhältnis von Konzernzentralen und Auslandsgesellschaften im Vordergrund stehen (siehe etwa Dörren-bächer/ Geppert 2009; Pries 2000). Die individuelle Akteursebene wird jedoch wenig fokussiert. Die Organisationssoziologische Perspektive hebt sich von wirtschaftswissen-schaftlichen Perspektiven ab, in dem sie die Zweckrationalität dieser kritisiert und auf wenig steuerbare und rationale Verhaltensweisen von Organisationen und deren Akteuren verweist. Zu nennen sind hier zum Beispiel mikropolitische Ansätze, die davon ausgehen, dass Organisa-tionen nicht durchweg über Hierarchien steuerbar, sondern orthogonal zu formalen Strukturen informelle aufkommen, die durch Machtspiele von Akteuren gekennzeichnet sind (Crozier/Friedberg 1979 etc.). Hinzu kommen Neo-Institutionalistische Ansätze die das Organisations-/Um-weltverhältnis beschreiben und davon ausgehen, dass bei organisationalem Verhalten vielfach ein Legitimitätsstreben im Vordergrund steht und somit zum Beispiel auch irrationale Praktiken das Überleben der Organisation sichern können. Organisationen sind demnach in ein organisationales Feld...