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Was ist politische Philosophie?

Campus Studium, Campus 'Studium'

Erschienen am 19.04.2012, 1. Auflage 2012
16,90 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593396033
Sprache: Deutsch
Umfang: 229 S.
Format (T/L/B): 1.8 x 20.4 x 13.3 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Die politische Philosophie spielt eine zusehends wichtigere Rolle vor allem in Bezug auf die Wirtschafts-, Sozial- und Gesundheitspolitik. Ihre Grundfragen sind die Gerechtigkeit und Legitimität der politischen Ordnung, der Konflikt zwischen Individuum und Gemeinschaft, Freiheit und Gleichheit oder auch die humane Gestaltung der Biopolitik. Neben dem klassisch traditionellen Modell von Platon bis Leo Strauss erläutert Hans-Martin Schönherr-Mann die Grundmodelle der modernen politischen Philosophie: das performative Modell (Machiavelli, Carl Schmitt und andere), das rationalistische (Kant, Marx, Rawls), das sprachphilosophisch ausgerichtete (Cassirer, Derrida) sowie eines, das die Beziehung zwischen Medien und Politik in den Vordergrund rückt (McLuhan, Baudrillard). Dabei geht es immer auch um die Frage, wie die Mündigkeit der Bürgerinnen und Bürger bewahrt und gestärkt werden kann.

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Autorenportrait

Hans-Martin Schönherr-Mann ist Essayist und Professor für Politische Philosophie an der LMU München.

Leseprobe

3. Kapitel: Normative politische Philosophie Was ist politische Philosophie? Im 17. und vor allem im 18. Jahrhundert entsteht das dritte Grundmodell der politischen Philosophie, das weniger ontologisch ausgerichtet ist, also nicht von einer Analyse des Staates und seinen realen Handlungsoptionen ausgeht. Stattdessen fragt es nach den normativ-ethischen Grundlagen des Staates und der Politik. Es entsteht in der Aufklärung und erlebt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Renaissance. Wie schon bei Hobbes geht es der normativen politischen Philosophie darum, dass sich der Staat dadurch legitimiert, dass er den Bürgern dient, ihre Rechte und ihr Eigentum schützt. Das bedeutet, dass der Bürger seinerseits gegenüber anderen und dem Staat gewisse Rechte hat, die der Staat nicht nur achten, sondern gewährleisten muss. Somit dient das Individuum nicht mehr primär dem Staat, sondern kann seine eigenen Interessen gegen den Staat durchsetzen. Dadurch verschärft sich die Aporie von Staat und Individuum. Denn jetzt sind dessen egoistische Neigungen legitim. Für deren Befriedigung muss der Staat sogar sorgen, er gerät unter Leistungsdruck und legitimiert sich dadurch, dass er individuelle egoistische Interessen absichert. Leo Strauss nennt das politischen Hedonismus. Umgekehrt werden diese Rechte des Individuums vom Staat erst gesichert, so dass sich das Individuum gegenüber dem Staat nicht nur in einem Abhängigkeitsverhältnis befindet. Um den Anforderungen zu genügen, entwickelt der Staat unter Berufung auf das Allgemeinwohl, das mehr als die Summe der Einzelwohle sein soll, weiterhin den Anspruch eines Primats gegenüber den Individuen: Um diesen zu dienen, müssen sie sich dem Staat zunächst unterordnen. Mit dieser Argumentation lassen sich deren Rechte beschneiden und Eingriffe in das Privateigentum legitimieren. Insofern bleibt die Ethik in klassischen Bahnen, da sie ähnlich wie in der Antike in der normativen politischen Philosophie das Individuum der Gemeinschaft unterordnet. In der klassischen politischen Philosophie bleibt der Staat der Zweck des politischen Handelns der Individuen. In der normativen politischen Philosophie dreht sich dieses Verhältnis zwar um, doch das Individuum muss dem Staat dienen, weil der Staat das Individuum schützen soll. So eröffnen sich zwei Perspektiven der normativen politischen Philosophie, eine liberale bzw. individualistische und eine eher gemeinschaftsorientierte. Erstere geht von einem Primat des Individuums aus, obwohl dieses Primat durch den Staat gesichert werden muss. Die andere, eher kommunitarisch ausgerichtete Position geht vom Primat des Staates gegenüber dem Individuum aus. Diese Alternativen konturieren sich zwischen Kant und Hegel, wobei Kant indes das Primat des Individuums durch den Allgemeinheitsanspruch der Vernunft wieder aufhebt, so dass sich das Individuum wie bei Hegel dem Staat unterordnen muss. John Rawls entwickelt 1971 seine liberale politische Philosophie, die auf die soziale Einbindung der Menschen Rücksicht nehmen möchte, trotzdem schiebt sie das Individuum möglichst weit in den Vordergrund. Darauf antwortet eine lange Diskussion, aus der der Kommunitarismus hervorgeht, der vor dem Hintergrund des protestantisch geprägten US-Individualismus den Einzelnen der Gemeinschaft unterordnen möchte. Er lässt sich in eine sozialliberale Strömung und eine konservative unterscheiden. Letztere, zu ihr gehören beispielsweise Autoren wie MacIntyre, passt zur klassischen politischen Philosophie. Die meisten Kommunitaristen zählen zur normativen politischen Philosophie.

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