0
44,00 €
(inkl. MwSt.)

Sofort Lieferbar

In den Warenkorb
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783446200791
Sprache: Deutsch
Umfang: 1041 S.
Format (T/L/B): 3 x 19 x 12.2 cm
Einband: Leinen

Beschreibung

"Moby-Dick", einer der größten Romane der Weltliteratur, in einer Neuübersetzung, die Maßstäbe setzt: Die Geschichte des weißen Wals und seines von Haß getriebenen Jägers Kapitän Ahab wird in ihrer unendlichen Vielstimmigkeit, in ihrem Pathos und ihrer Präzision erzählt. Mit einem Anhang, der zu immer neuen Entdeckungen in diesem aus den tiefsten Quellen von Mythos und Philosophie schöpfenden Meisterwerk einlädt.

Autorenportrait

Herman Melville wurde 1819 in New York geboren und starb dort 1891. Bei Hanser erscheinen Neuübersetzungen Moby-Dick  (2001) und Pierre oder die Doppeldeutigkeiten (2002). Zuletzt erschien Ein Leben (Briefe und Tagebücher, 2004).

Leseprobe

Nennt mich Ismael. Ein paar Jahre ist's her - unwichtig, wie lang genau -, da hatte ich wenig bis gar kein Geld im Beutel, und an Land reizte mich nichts Besonderes, und so dacht ich mir, ich wollt ein wenig herumsegeln und mir den wässerigen Teil der Welt besehen. Das ist so meine Art, mir die Milzsucht zu vertreiben und den Kreislauf in Schwung zu bringen. Immer wenn ich merke, daß ich um den Mund herum grimmig werde; immer wenn in meiner Seele nasser, niesliger November herrscht; immer wenn ich merke, daß ich vor Sarglagern stehenbleibe und jedem Leichenzug hinterhertrotte, der mir begegnet; und besonders immer dann, wenn meine schwarze Galle so sehr überhandnimmt, daß nur starke moralische Grundsätze mich davon abhalten können, mit Vorsatz auf die Straße zu treten und den Leuten mit Bedacht die Hüte vom Kopf zu hauen - dann ist es höchste Zeit für mich, so bald ich kann auf See zu kommen. Das ist mein Ersatz für Pistole und Kugel. Mit einer stoischen Sentenz stürzt Cato sich in sein Schwert; ich gehe still an Bord. Daran ist nichts Überraschendes. Von Zeit zu Zeit hegen fast alle Menschen, ob sie's wissen oder nicht, in etwa dieselben Gefühle für das Weltmeer wie ich. Dort liegt nun eure Inselstadt der Manhattos, umgürtet mit Kais wie die Inseln im Indischen Meere mit Korallenriffen - der Handel umgibt sie mit seiner Brandung. Nach rechts und nach links führen euch die Straßen zum Wasser. Ihr südlichster Zipfel ist die Battery, jene stolze Mole, die von Wogen umspült und von Brisen gekühlt wird, welche nur wenige Stunden zuvor kein Land vor sich sahen. Schaut euch die Scharen der Wassergaffer dort an. Durchwandert die Stadt an einem verträumten Sabbatnachmittag. Geht von Corlears Hook nach Coenties Slip und von dort über Whitehall nach Norden. Was seht ihr? - Stummen Schildwachen gleich, stehen überall in der Stadt Tausende und Abertausende von Sterblichen, gefangen in ozeanischen Träumereien. Manche lehnen gegen die Duckdalben, manche sitzen auf den Molenköpfen, manche schauen über das Schanzkleid von Schiffen aus China, manche hocken hoch oben im Rigg, als wollten sie einen noch besseren Blick auf die See erhaschen. Freilich sind dies alles Landratten, an Wochentagen zwischen Mauern aus Holz und Stein gepfercht - an Ladentische gefesselt, an Werkbänke genagelt, an Pulte geklemmt. Wie kann das angehen? Sind denn die grünen Gefilde dahin? Was tun sie hier? Doch seht! Hier kommen noch mehr Scharen, die geradewegs dem Wasser zustreben und offenbar kopfüber hineinspringen wollen. Sonderbar! Das äußerste Ende des Landes muß es sein; im schattigen Lee der Lagerhäuser dort drüben herumzulungern reicht ihnen nicht. Nein: Sie müssen dem Wasser gerade so nah kommen, wie sie nur können, ohne hineinzufallen. Und da stehen sie - eine, ja viele Meilen weit. Allesamt Binnenländler, strömen sie aus Wegen und Gassen, aus Straßen und Alleen herbei - aus Norden, Osten, Süden und Westen. Und doch, hier vereinen sie sich alle. Sagt mir, ist es vielleicht die magnetische Kraft der Kompaßnadeln all jener Schiffe, die sie dorthin zieht? Noch einmal. Sagen wir, ihr seid auf dem Lande, hoch oben zwischen Hügeln und Seen. Nehmt beinah jeden beliebigen Weg, und zehn zu eins, daß er euch in ein Tal hinabgeleitet und dort absetzt, wo sich der Bach zum Weiher weitet. Da ist Magie im Spiel. Laßt den zerstreutesten Menschen in tiefste Träumereien verfallen - stellt diesen Menschen auf seine Füße, setzt ihn in Gang, und er wird euch unfehlbar ans Wasser führen, sofern es in der ganzen Gegend überhaupt Wasser gibt. Solltet ihr in der großen amerikanischen Wüste jemals Durst leiden, so versu Leseprobe