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Pelagia und der rote Hahn

Erschienen am 01.10.2004
9,95 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442455010
Sprache: Deutsch
Umfang: 544 S.
Format (T/L/B): 2.8 x 18.3 x 11.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Langsam glaubt Ordensschwester Pelagia selbst, dass hinter allem göttliche Fügung steckt. Warum sonst geschehen überall dort, wohin ihr Weg sie führt, schreckliche Verbrechen? Diesmal ist sie mit Bischof Mitrofani per Schiff unterwegs, als man in einer der Kabinen einen ermordeten Passagier findet. Natürlich beauftragt man Pelagia mit der Klärung des Falles. Die junge Nonne macht sich auf die Suche nach dem Mörder, der alles tut, um seiner Verfolgerin zu entkommen - selbst wenn er sie dafür töten muss. Als ebenso kluge wie charmante Begleiterin ist Schwester Pelagia ihrem Bischof Mitrofani unentbehrlich geworden, und so begleitet sie ihn auf einer Schiffsreise von Moskau nach Zarinin. Schon bald werden ihre kriminalistischen Fähigkeiten auf eine erneute Probe gestellt: Ein Passagier wird nachts in seiner Kabine im Schlaf überrascht und umgebracht. Es handelt sich um den Anführer einer zum Judentum konvertierten Gruppe orthodoxer Russen, die auf dem Weg nach Jerusalem ist, ins Heilige Land. Diese Gruppe hatte dem Ermordeten nicht nur ihre gesamte Reisekasse anvertraut, sondern ihn auch als ihren »Messias« verehrt. Doch seinen bürgerlichen Namen und seine Herkunft scheint niemand auf dem Schiff zu kennen. So steuert man den nächsten Hafen an, wo Sergej Sergejewitsch Dolinin, ein hoher Beamter des russischen Innenministeriums, bereits auf Pelagia wartet, um mit ihr die Ermittlungen aufzunehmen. Er hat den Geburtsort des »Messias« in Erfahrung gebracht, und so machen sich die beiden zu diesem im Ural gelegenen Ort auf. Dort angekommen, finden sie schnell den eigentlichen Namen des Opfers heraus: Pjotr Scheluchin. Dolinin scheint sich mit dieser Auskunft zu begnügen und reist zurück nach St. Petersburg. Doch Pelagia kann sich damit nicht zufrieden geben: Die neugierige Nonne setzt ihre Nachforschungen fort - und wird selbst zur Gejagten, als man zum ersten Mal versucht, sie umzubringen. Der Mörder heftet sich fortan an ihre Fersen und zwingt sie zu einer weiten Reise, die sie bis nach Jerusalem führt.

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Leseprobe

Auf der »Stör« Pfannkuchen Weich und rund wie ein Gummiball kugelte sich Pfannkuchen auf das Dampfschiff »Stör«: Er wartete ab, bis sich eine dichte Nebelschwade über die Anlegestelle gelegt hatte, buckelte und kruckelte sich ganz klein zusammen, bis er selber beinahe aussah wie eine kleine graue Wolke, husch, husch bis an den Rand des Kais - und mit einem Satz auf den gusseisernen Poller. Dann leise wie ein Mäuschen auf dem straff gespannten Tau an Bord getippelt - Kleinigkeit für Pfannkuchen (er hatte sogar schon einmal Barynja getanzt auf so einem Seil, wegen einer Wette)! Und keiner hat was gesehen. Ahoi, da bin ich, der neue Passagier, Gott zum Gruße! Er hätte sich natürlich auch ein Billett kaufen können, ruiniert hätte ihn das nicht. Fünfunddreißig Kopeken bis zur nächsten Anlegestelle, der Stadt Ust-Swijashsk. Aber das hätte ja geheißen, sein Handwerk nicht zu achten, er war schließlich ein »Rasin«! »Gänse« und »Karpfen«, die konnten seinethalben Billetts lösen. Pfannkuchen trug seinen Spitznamen, weil er so klein und wendig war, und wenn er ging, mit trippelnden, federnden Schritten, sah es aus, als ob er rollte. Auch sein Kopf mit den kurz geschorenen Haaren war kugelrund. Nur die Ohren standen seitwärts ab wie winzig kleine Schäufelchen - allerdings erstaunlich feinhörige Schäufelchen. Was das für welche sind, diese Rasins? Na, Leute vom Fluss halt, an sich nichts weiter Besonderes, aber ohne sie wäre der Fluss wie ein Sumpf ohne Mücken - und nicht unser Fluss. Am Ufer haben sie ja auch ein paar Meister im Ausräumen fremder Taschen, Marder genannt, aber das sind bloß ein paar verstreute Einzelgänger und außerdem meistenteils Zugewanderte, weshalb man sie auch nicht sehr achtet; aber die Rasins, die achtet man, denn die hat es hier schon immer gegeben. Woher dieses Wort kommt, darüber gibt es zwei verschiedene Auffassungen. Sie selber meinen - von Stenka Rasin, dem legendären Räuberhauptmann, der genau wie sie auf dem Fluss, der uns alle ernährt, die fetten »Gänse« ausnahm. Die braven Anwohner der Flussufer sagen allerdings etwas anderes, sie leiten das Wort nämlich von »Rasieren« ab, womit gewisse Kreise bekanntlich das Entfernen fremder Wertgegenstände zur eigenen Verwendung bezeichnen. Wie dem auch sei, es war jedenfalls eine gute Arbeit, Pfannkuchen liebte sein Handwerk. Man besteigt ein Boot, wenn grad keiner guckt, drückt sich zwischen den Passagieren herum bis zur nächsten Anlegestelle und steigt dann gemütlich wieder aus. Was du erwischt hast, gehört dir, der Rest schippert eben weiter. Was daran so reizvoll ist? Nun, zunächst mal ist so eine Spazierfahrt auf dem Fluss sehr frischluftig, das fördert die Gesundheit. Das zum einen. Dann wiederum trifft man die unterschiedlichsten Menschen, und manchmal kriegt man so spannende Geschichten zu hören, dass man darüber glattweg seine Arbeit vergisst. Das zum anderen. Aber was die Hauptsache ist: weit und breit kein Zuchthaus, keine Zwangsarbeit. Zwanzig Jahre arbeitete Pfannkuchen jetzt schon auf dem Fluss, aber wie so ein Gefängnis aussieht, davon hatte er nicht den geringsten Schimmer, und er hatte auch noch nie eins zu Gesicht bekommen. Kannst ja mal versuchen, ihn zu schnappen. Zack - fliegt die Beute ins Wasser, und keiner kann dir mehr was nachweisen, der gute alte Fluss hat alle Beweise verschluckt. Na schön, du wirst natürlich durchgewalkt, logisch, aber so dolle wird man dich auch wieder nicht durchwalken, das Publikum auf so einem Dampfschiff ist nämlich sehr kultiviert und rücksichtsvoll, nicht so wie in den Dörfern am Fluss: Da wohnen so ungehobelte Burschen, die können einen Dieb glatt totschlagen, aus reinem Mangel an Bildung. Die »Rasins« bezeichnen sich selber auch als »Hechte« und die Passagiere als »Gänse« und »Karpfen«. Da gibt es übrigens so eine witzige Redensart, die alle nachplappern, ohne sie zu verstehen: Die Hechte sind im Teiche, damit die Karpfen nicht zu faul werden. Der erste Dampfer des Frühlings ist für einen Leseprobe