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Die strahlende Stadt

Roman

Erschienen am 09.11.2009
8,95 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442244515
Sprache: Deutsch
Umfang: 638 S.
Format (T/L/B): 4.5 x 18.3 x 11.4 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Neue Abenteuer aus der Welt von Eileanan.

In einem düsteren Turm gefangen, wartet Rhiannon auf ihren Prozess, denn sie gilt als Mörderin und Verräterin. Und während sie - allein und hilflos - vom bösen Geist einer toten Königin bedrängt wird, die wieder ins Leben zurückkehren will, zieht am Himmel über der strahlenden Stadt ihr geflügeltes Pferd verloren seine Kreise ...

Magisch, romantisch, farbenprächtig - das sind Kate Forsyths Markenzeichen!

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Autorenportrait

Kate Forsyth wurde im australischen Sydney geboren, wo sie mit ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern lebt. Sie ist als Journalistin für mehrere Magazine tätig. Ihr Fantasy-Reich Eileanan ist von der schottischen Heimat ihrer Vorfahren inspiriert.

Leseprobe

Olwynne setzte sich im Bett auf und unterdrückte einen Schrei. Ihr Albtraum schwebte noch einen Moment mit düsteren, erstickenden Schwingen um ihren Kopf. Dann schwand der Traum und hinterließ kaum mehr als einen Eindruck überwältigenden Kummers und Entsetzens.
Die Luft fühlte sich auf ihrer feuchten Haut kalt an, sie zog ihre Daunendecke um sich und spürte zögernd den zerstobenen Überresten des Albtraums nach. Ihre Tante Isabeau sagte, sie solle auf ihre Träume achten, weil sie häufig Botschaften seien, die warnen oder etwas erklären könnten. Olwynne konnte sich jedoch nur erinnern, dass ihr Vater vor ihr in eine tiefe Grube stürzte, seine schwarzen Schwingen über das Gesicht gelegt, und dass dann Hunderte von Raben, feindselige Raben, aus dem Himmel herabstießen, um ihr die Augen auszupicken.
Sie erschauderte und zog die Knie an die Brust. Der Wind heulte um ihre Fenster, ließ das alte Bleiglas in seinem Rahmen klappern und fuhr draußen seufzend durch die Bäume. Es klang wie das gespenstische Heulen einer Todesfee. Olwynne sagte sich, es sei nur der Wind, aber dennoch stellten sich alle Haare an ihrem Körper auf und zitterten, und ihr Pulsschlag beschleunigte sich. Ein solch intensives Gefühl morbider Vorahnung überkam sie, dass sie beinahe erneut aufschrie. Dann aber biss sie sich auf die Lippen und schlang die Arme um ihre Knie, während sie das Gesicht in ihr Kissen presste. Dennoch hielt das unheimliche, hohe Heulen an. Als es lauter wurde, erkannte Olwynne, dass es nicht der Wind war, der diesen gespenstisch wehklagenden Schrei hervorrief, sondern etwas anderes. Etwas Lebendes.
Olwynne kroch unkontrolliert zitternd aus dem Bett, trat an ihr Fenster und zog den Vorhang ein Stück zurück, sodass sie hinausspähen konnte. Es war eine klare, von Sternen beleuchtete Nacht, und beide Monde waren voll. Der Himmel war von Flugwesen übersät, von einem Wirbelsturm aus Wesen mit fledermausartigen Flügeln, die gegen die hellen Münzen gleichenden Monde zu prallen schienen wie Motten gegen das Glas einer Laterne. Sie waren so groß wie die größten Menschen, ihre Glieder wirkten wie Zweige, und ihr wogendes Haar wehte und wirbelte wie sichtbar gemachter Wind. Sie schrien und schluchzten, während sie durch den Nachthimmel schossen, rissen an ihren wilden Haarmähnen und schlugen sich auf Kopf und Brust.
Olwynne stand wie gebannt da. Sie hatte die Nyx schon früher fliegen sehen, in Nächten, wenn die Monde voll waren, aber sie hatte niemals zuvor so viele gesehen, und sie hatte sie nie singen hören. Ihr Klagegesang war so kummervoll, dass auch Olwynne Tränen in ihre Augen treten spürte und der Atem in ihrer Kehle stockte. Olwynne glitt langsam zu Boden und weinte mit den Nyx, obwohl sie nicht wusste, warum sie trauerten.
Als die Nacht schwand und die grauen Mauern und hoch aufragenden Bogenpfeiler des Turms der Zwei Monde aus der Dunkelheit aufstiegen, waren alle Nyx fort. Olwynne ließ die Vorhänge los und erhob sich steif. Ihr war sehr kalt. Sie zog ihr langes, schwarzes Hexenlehrlingsgewand an und spritzte sich energisch Wasser ins Gesicht. Dann flocht sie ihr vom Schlaf zerzaustes Haar zu dem üblichen langen, strengen Zopf und schlang ihr Plaid fest um ihren Körper. Sie fror noch immer und fühlte sich steif und müde, aber sie hatte gelernt, die Bedürfnisse ihres Körpers zu ignorieren. Olwynne öffnete die Tür ihres kleinen, zellenartigen Raumes und trat auf die Galerie hinaus, die das Gebäude entlang verlief. Alles war totenstill. Es war zu früh, als dass die Glocke schon erklungen wäre, welche die Studenten aufweckte. Nur gelegentliche Vogelrufe waren zu hören.
Olwynne lief rasch die Galerie entlang und durch einen Eingang in die Theurgia. Sie passierte zahlreiche Treppen und Gänge und kam schließlich zum nördlichsten Turm, dem Gebäude, das dem Kreis der Zauberer vorbehalten war. Eine prächtige, mit Flechtornamenten verzierte Wendeltreppe, in die zwei Mondsicheln und ein einzelner Stern einge ... Leseprobe