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Wie fließendes Wasser

33 Zen-Geschichten aus Korea - Arkana

Erschienen am 10.03.2008
8,95 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442218196
Sprache: Deutsch
Umfang: 186 S., zahlreiche Farbillustrationen
Format (T/L/B): 1.5 x 18.3 x 12.5 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Seon- (=Zen-) Meisterin Daehaeng Kunsunim erzählt 33 Geschichten aus der reichen buddhistischen Tradition Koreas. Auf den ersten Blick vermitteln diese Anekdoten, Tierfabeln und Berichte den Reiz einfacher, locker skizzierter Szenen. Doch jede Geschichte hat, vergleichbar unseren Märchen, eine psychologische Botschaft. Die ausdrucksstarken Tuschemalereien des koreanischen Künstlers Seung Hyun Lin unterstreichen die inspirierende, meditative Stimmung des Werks. Daehaeng ist eine koreanische Zen-Meisterin mit großer Anhängerschaft auch im deutschsprachigen Raum.

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Hersteller:
Goldmann Verlag Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
ann.schnoor@penguinrandomhouse.de
Neumarkter Str. 28
DE 81673 München

Leseprobe

Vorwort Ich kam zum ersten Mal nach Südkorea im November 1973. Damals war ich gerade als stellvertretender Generaldirektor zur Internationalen Atombehörde der Vereinten Nationen nach Wien berufen und wurde gleich beauftragt, nach Südkorea zu reisen, da man dort mit dem Aufbau der ersten Kernreaktoren begann. Als sich mein Flugzeug Seoul näherte, wurde mir klar, dass ich über das Land, das ich jetzt besuchte, kaum mehr wusste, als dass es geteilt war (wie damals auch Deutschland) und dass es einen schweren Krieg hatte erdulden müssen. Zu jener Zeit kannte ich einen einzigen Koreaner, der drei Jahre in meinem Universitätsinstitut in Hannover gearbeitet hatte und dann dort seinen Doktorgrad erhielt. Jetzt empfing er mich am Flughafen, und in den nächsten Tagen lernte ich dank der typischen Gastfreundschaft der Koreaner noch ein paar Dutzend Menschen kennen. Wie mein früherer Doktorand waren sie fast alle Buddhisten. Einige von ihnen waren Physikprofessoren wie ich. Wir diskutierten die Frage, wie weit die Wissenschaft in der Lage wäre, auch das Wesen des Menschen mit ihren Mitteln zu erklären. Einer von ihnen meinte, dass man dazu wohl etwas anderes brauche als Physik, Chemie und Biologie. Er kenne eine berühmte buddhistische Lehrerin, die zehn Jahre lang völlig einsam in der Wildnis gelebt hätte und jetzt mehr über den Kern des Menschen, über das 'Ich' wisse als irgendein Wissenschaftler. Sie lebe mit einer großen Zahl von Schülern in einem Tempel in Anyang, nicht weit von Seoul entfernt. Dann hatte ich das große Glück, dass die Tochter eines meiner neuen Freunde als Sekretärin bei der US-Army arbeitete. Sie würde mir vielleicht als Dolmetscherin helfen können, wenn ich den Tempel in Anyang einmal besuchen wollte. Die Gelegenheit dazu ergab sich bei einer weiteren Dienstreise nach Korea im Frühjahr 1974. Als ich bei diesem Besuch die erwähnte Dolmetscherin - sie war eine regelmäßige Besucherin des Hanmaum-Zen-Zentrums in Anyang - kennenlernte, war ich überrascht von der Ruhe und Ausgeglichenheit dieser jungen Frau. Sie meldete mich bei der Leiterin des Zentrums, der berühmten Lehrerin Daehaeng Kunsunim, an, und so stand ich an einem Vormittag ein wenig aufgeregt vor der Tür des Raumes, in dem Daehaeng Kunsunim gerade einigen Nonnen Unterweisungen gab. Das Gefühl, das ich dann hatte, als ich ihr gegenüberstand, lässt sich schwer beschreiben. Hatten schon vorher die Dolmetscherin und die anderen Mönche und Nonnen diese eigentümliche Ruhe und Gelassenheit ausgestrahlt, so war mir jetzt sofort bewusst, dass ich mich nun an der Quelle von alledem befand. Kein äußerer Schmuck und Prunk, der sich in diesem Raum befunden hätte, trug zu der unbeschreiblichen Güte und Würde bei, die man an dieser Frau spürte. Ihre Haltung im Lotussitz war gänzlich entspannt und natürlich, ebenso ihr Sprechen, von dem ich zunächst leider nur den Klang der Stimme vernahm, das mir dann aber übersetzt wurde. Sie begrüßte mich ganz ungezwungen und freundlich und fragte mich nach meiner Tätigkeit in Korea und auch nach meinem Zuhause in Deutschland. Bei den meisten Menschen dauert es einige Zeit, bis man sich gegenseitig ein wenig kennengelernt hat. Daehaeng Kunsunim aber scheint vom ersten Augenblick an genau zu wissen, wen sie vor sich hat, und so fühlte ich mich verstanden und innerlich irgendwie erwärmt. Ich musste an meine Begegnungen mit sogenannten Gurus denken, die ich gelegentlich in Indien gehabt hatte. Welch ein himmelweiter Unterschied zwischen der Gespreiztheit und angemaßten Würde einiger dieser Leute und der Schlichtheit und Natürlichkeit dieser Frau. Sie ließ durch eine Nonne Obst und koreanisches Gebäck hereinbringen und für mich einen gemütlichen Sitz herrichten. Ich glaube, ich habe fast eine Stunde bei diesem ersten Besuch bei ihr zugebracht, und verließ sie in einer glücklichen, gelösten Stimmung. In den folgenden Jahren bin ich noch mehr als dreißig Leseprobe