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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783421044518
Sprache: Deutsch
Umfang: 176 S.
Format (T/L/B): 1.9 x 20.3 x 13.3 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

75 Jahre Sarah Kirsch "Moorgeschrey und Lerchengedröhn" - Sarah Kirschs poetische Kraft durchdringt auch ihre Tagebuchaufzeichnungen. Meisterhaft verbindet sie in ihren Notaten aus den achtziger Jahren Alltagsbeobachtungen und Poetisches, Persönliches und Politisches. Immer scheinen die Sinne aufs Höchste geschärft, und so, eins mit der Natur, strahlt die Prosa mit einer elementar erdhaften Kraft. Sarah Kirschs Miniaturprosa schillert, leuchtet, glimmt mal traumgleich-elegisch, dann ironisch-kommentierend oder heiter. In "Krähengeschwätz" versammelt sie lyrische Nachrichten aus den Jahren 1985 bis 1987 - Jahre, in denen die Anfang der Achtziger aus der DDR ausgewanderte Autorin sich gesellschaftlich engagiert. Getragen von kritischem Zeitbewusstsein entfaltet ihre Prosa eine gebrochene Bukolik. Und zugleich ist ihre persönliche Chronik von der Natur durchtränkt: "Triefende Nebellaken, schwarz blühendes Feiertagsgras, Kniekehlenküsse und Zittern" werden abgelöst von den herbstlichen Stürmen, dann "pfeift der nächste Orkan aufm Schlüssel ums Haus, die Wolken zerreißen sich und die Bäume küssen die Erde". Erneut zeigen diese Aufzeichnungen die im Einklang mit den Jahreszeiten lebende Schriftstellerin, die Erlebnisse und Reflexionen über ihre Gegenwart und die Welt zu einer harmonischen Einheit führt.

Autorenportrait

Sarah Kirsch (1935-2013), geboren in Limlingerode am Harz, studierte Biologie und Literatur und lebte bis zu ihrer Ausbürgerung 1977 im Osten Berlins, siedelte dann in den Westen der Stadt über. 1981 zog sie in den Norden Deutschlands, wo sie bis zu ihrem Tod als freie Schriftstellerin und Malerin in Tielenhemme, Schleswig-Holstein, lebte. Für ihr dichterisches Werk wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Georg-Büchner-Preis, dem Jean-Paul-Preis sowie dem Johann-Heinrich-Voß-Preis.

Leseprobe

Die lange Reise durch Rum?en, auf der ich Pentti kennenlernte, geschah 1966. Danach trafen wir uns in Prag, das war noch im selben Jahr, vierzehn Tage vor Weihnachten, voll in der Dubcek-Aera. Ich habe grade ein Notizbuch gefunden, worin allerlei S?e stehen, die er da niederlegte. Erinnerungen an den Deutschunterricht in der finnischen Schule, S?e die er f?r mich deklamierte, so oft ich ihn darum bat. "Es ist Winter, die Luft ist kalt, die Erde ist hart. Da leidet der Hase im Walde Not, denn er findet keine Nahrung. Der J?r kommt." Und Titel von B?chern, die ich partout lesen m?sse setzte er darunter. Damals knallte er sein Prag-Buch gleich in die Maschine. W?end ich neben ihm sa? Immerdar in meiner Lammpelzjacke, f?r Heiz?l hatten wir kein Geld. Und wie war ich nach Prag gekommen? Man konnte schlie?ich nicht aus der DDR wegfahren wohin man grad wollte. Ich hatte mir eine Einladung von Sabine besorgt, die in Prag Puppenspiel studierte, schon sa?ich im Zug, und Rainer war sich wohl nicht so sicher, ob ich je wiederk?. Ich betrachtete Pentti als meinen vollkommenen Freund und wir haben viel Bl?dsinn getrieben aber auch tage- und n?telang ?ber Gedichte gesprochen, wie sie beschaffen sein m?ssten, welche als Ma?tab zu gelten h?en. Manchmal rezitiert er den ganzen "Erlk?nig" f?r mich, sehr dramatisch mit hartem Akzent, und wir ersticken nahezu vor Lachen. Wir leben in einer kleinen Zweitwohnung von Herrn Vesely, der himmelblaue Halst?cher tr? und dessen Sch?l wie der Mond leuchtet, wenn er uns mal besucht. Es gibt wei? W?e und Pornographie in den Schr?en. Der Ofen arbeitet nicht. Die Toilette ist auf dem Balkon. Pentti kauft zwei Eier f?r den letzten Tag. Seine Uhr zeigt stets die halbe Stunde. Wenn er seine Schreibmaschine betreibt, sieht er sehr zornig aus. Die Maschine ist vor Jahren in der DDR hergestellt worden. Ich hab in der DDR eine Schreibmaschine aus der CSSR - so ist Handel im Sozialismus sage ich. Il Compositore aber hatte ein Konzert in Amsterdam und Maurizio begleitete ihn und besuchte das Konzert und die sch?nen Galerien. W?enddessen ich f?r das TV schuften musste. Und Robert als Neufundl?er freute sich und war ?berzeugt, dass das Team seinetwegen kam, und so lief er durch die Bilder als schwarzer Faden. Heute hat Maurizio Geburtstag, schw?t noch einmal die Schule, weil er KO von der langen Autofahrt ist. Jetzt ist er sechzehn, bekam Klaviernoten und ein Kunstlexikon fettester Art. Der Kater ist begl?ckt ?ber die R?ckkehr seines Zimmergenossen. Die Schafsnasen k?nnten in zehn Tagen lammen. Toula das sensible Tier ist schon ganz in sich gekehrt. Ich kann also nicht, wie es geplant war mit dem Tonsetzer zu einem weiteren Konzert nach Darmstadt fahren. Ich muss bei meinen Schafen ja wachen. 14. M? 1985 Donnerstag Luft und Wasser Aus dem Sumpfland fliegt mir die Eule Auf breiten Fl?geln ?ber den Strom Ihre Federn ber?hren das Wasser Das sich nun teilte ich sah Meiner Schwester Gesicht h?re den Wind Schilfhalme leichter bewegen und Wolken Ziehen auf die Nacht zu verk?nden. Viel wehes Ger?ch vom anderen weiteren Ufer die grauen Reiher verneigen sich Auf toten B?en eh sie noch schlafen. Es ist sp?ich kehre hinter T?ren zur?ck. Der Teekessel brummt auf dem Feuer Und verkleidete K?nige reiten drau?n Auf herrlichen Pferden vor?ber. Gestern haben wir die Schafs-Damen von ihrer gegenw?igen Weide auf die anschlie?nde Koppel mit der niederen H?tte geleitet, in welcher Paula geboren wurde. Die Schafe bed?rfen der Ruhe. Igor das B?ckchen und Bilbo der Esel sind zu hektisch f?r ihren Zustand. Die ?derung missfiel den Herren, sie tobten und rannten wie in der Manege. Ab 21. M? kann es L?erkens geben. Ich bin sehr aufmerksam. Thekla hat das bedeutendste Euter bisher. Man muss viel mit den Schwangeren sprechen. Mir tr?te, ich sei auf meinem Esel ins Moor geritten, die F?? schwebten dicht ?ber den Wasserl?chern, doch blieben sie trocken. Aus seinen Hufabdr?cken, die sich mit schwarzem Wasser f?llten, wuchs glei Leseprobe
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